Premier jour hat der Lausanner Filmschaffende Fernand Melgar sein Projekt betitelt, in dem er Leute an einem speziellen ersten Tag mit der Handkamera begleitet. Zehn verschiedene Menschen will er so bis Ende 2001 in zehn Kurzfilmen porträtieren. In L'arrivée ist er dabei, als eine Schweizer Familie mit ihrem aus Brasilien stammenden Adoptivsohn Bruno zum Flughafen Genf fährt, um dort auf die ebenfalls adoptierte Schwester Brunos zu warten. La visite zeigt, wie der blinde Denis sich zum ersten Mal von seinem neuen Labrador führen lässt.
ln L’apprentissage beobachtet Melgar den ersten Lehrtag der 16-jährigen Béatrice, die mit dem Down-Syndrom zur Welt gekommen ist. Am Morgen trinkt sie ihre Schokolade in einem Zug und antwortet ihrer Mutter während der Autofahrt nach Genf auf die Frage, ob sie glücklich sei: «Ja, und du?» Im Atelier von L’Elan - einer Werkstatt für behinderte Jugendliche - soll sie lernen, Werkzeugteile zusammenzuschrauben und sich mit anderen auszutauschen. Zunächst jedoch will sie die Mutter nicht verlassen, die ihrerseits verunsichert scheint. Als Béatrice schliesslich, von einer Aufsichtsperson angetrieben, die ersten Teile erfolgreich verschraubt, wirkt sie nicht sonderlich glücklich, sondern eher gelangweilt und will die anderen Räume besuchen. Von ihrer Leiterin wird sie jedoch daran erinnert, dass sie viel, viel arbeiten muss. Während des Mittagessens endlich kann Béatrice ihre Energie etwas loswerden und die anderen zwei Jugendlichen am Tisch damit nerven, dass sie den Tisch hin- und herschiebt, was sie verschmitzt lächeln lässt.
L'apprentissage verzichtet auf einen Kommentar; manchmal wären allerdings ein Nachhaken oder die Vermittlung von Hintergründen wünschenswert gewesen. So wird zum Beispiel der Ansatz von L’Elan nicht dargestellt - gezeigt wird bloss, wie Béatrice zum Zusammenschrauben regelrecht gezwungen wird. Es liegt freilich im Konzept von Melgars Projekt, die Menschen einfach zu begleiten und ihren «ersten Tag» unverfälscht wiederzugeben. Dass dies bloss schon durch den Schnitt verunmöglicht wird, kaschieren Melgars Filme dadurch, dass sie die Vergangenheit der Protagonisten aus ihrer Dokumentation ausklammern; so entsteht die Illusion des ungefilterten Beobachtens.