Potlatch erzählt die Geschichte dreier erwachsener Geschwister, die durch einen tragischen Unfall ihre Eltern verloren haben. Mathieu, der Älteste, ist leitender Angestellter einer Genfer Bank, weltgewandt und geschäftlich erfolgreich. Die schüchterne Claire arbeitet als Bibliothekarin in einem ethnografischen Museum und lebt sehr zurückgezogen. Antoine, der Jüngste, schlägt sich als Sänger einer Punk-Rock-Band durch und bewohnt zusammen mit einer bunt gemischten Gruppe von Freundinnen und Freunden das elterliche Haus. Der drohende Verfall des Familienbesitzes bringt die drei ungleichen Geschwister zusammen und zwingt sie, sich des gemeinsamen Erbes anzunehmen.
Claire, Mathieu und Antoine reagieren - so unterschiedlich sie als Charaktere auch sind - auf die Herausforderung gleichermassen unentschieden. Sie wirken eigentümlich rat- und antriebslos - eine Eigenschaft, die sie mit dem Grossteil ihrer gleichaltrigen Freunde und Bekannten teilen. Regisseur und Drehbuchautor Pierre Maillard hat die Geschichte der drei Geschwister als eine Art Sittengemälde inszeniert, als Porträt einer Generation, die angesichts der materiellen Sicherheit, die ihr der von den Eltern erarbeitete Wohlstand bietet, mit dem eigenen Leben nichts Rechtes anzufangen weiss. Weil die Konflikte, die sich daraus ergeben, nicht allzu fest in der Psychologie der drei Protagonisten verankert sind, wirken Claire, Mathieu und Antoine mitunter wie Nebenfiguren in ihrer eigenen Geschichte. Ein Stück weit macht sich darin noch die Entstehungsgeschichte des Films bemerkbar: Claude Stratz hatte als Direktor der Genfer Ecole Supérieur d’Art Dramatique Pierre Maillard vorgeschlagen, gemeinsam mit den Studentinnen und Studenten ein Filmprojekt zu realisieren. Für einmal stand die Besetzung also fest, bevor die Arbeit am Drehbuch überhaupt begonnen hatte, und Pierre Maillard musste bei der Stoffentwicklung darauf achten, für rund ein Dutzend annähernd gleichaltriger Akteure eine passende Rolle zu finden, was gut gelungen ist.
Ästhetisch zusammengehalten wird die Fülle der nahezu gleichberechtigten Haupt- und Nebenhandlungen durch die Arbeit des Kameramanns Aldo Mugnier, mit dem Pierre Maillard schon mehrfach zusammengearbeitet hat. Mit seiner tragbaren 16-mm-Kamera folgt er beweglich den Akteuren. In ruhigen Momenten gelingen ihm dabei immer wieder eindringliche Porträts der jungen Leute, meist aus halbnaher Distanz. Zusammengenommen ergeben sie tatsächlich so etwas wie das Bild einer Generation. Die Metaphorik des Erbes, die aul mehreren Ebenen - Sujet, Dialog, Liedtexte - durchgespielt wird, fällt dagegen etwas zu deutlich aus.