Der pompöse Titel ist leider etwas irritierend und führt mitunter wohl auch auf genremässige Irrwege. Und doch erschliesst der Film - auf übertragener Ebene - so etwas wie mythische Vorzeiten. Edgar Hagen widmet sein filmisches Werk nämlich einem wahrhaft «titanischen» Bauprojekt, das in den Jahren von 1950 bis 1966 in den Walliser Alpen vollendet wurde: die Staumauer Grande Dixence, die grösste der Welt, sowie ein 160 Kilometer langes Stollenlabyrinth, das sich durch die Fundamente von Matterhorn, Monte Rosa und Dent Blanche bohrt und das Wasser von 35 Gletschern in den Stausee leitet.
Hagen hat vom Mineur zum Kantinenwirt, vom Geometer zum Direktor eine Reihe damals Beteiligter in diese legendäre Gegend zurückgeführt und sie nach ihren Erinnerungen befragt. In der scheinbar unberührten Landschaft zwischen Fels und Eis lässt sich vorerst nichts erahnen von dem nutzbar gemachten Innenleben der Berge. Dieses auszuleuchten und die Magic der verborgenen Welt ins Bild zu bannen, muss kein leichtes Unterfangen gewesen sein: Die dunkel-nassen Steingänge, die mit Jeep und Boot befahren sowie zu Fuss begangen werden, präsentieren sich, nüchtern betrachtet, als eher unattraktives und gleichförmiges Kanalsystem. Zur Mystik des Orts tragen denn auch die schwebenden Klänge von Ghristian Zehnder Entscheidendes bei.
Doch soll weder die Technologie verherrlicht noch das hehre Alpenpanorama abgefeiert werden. Beides dient als blosser - wenn auch grossartiger - Hintergrund für die Geschichten derjenigen, die an der Grande Dixence einen wichtigen Teil ihres Lebens verbrachten. Vor allem Schweizer und Norditaliener verdingten sich hier und evozieren heute die fast unmenschlichen Arbeitsumstände, die dunklen und überfüllten Baracken, die Unfälle, welche die Kameraden der vornehmlich jungen Gemeinschaft aus dem Leben rissen. Aber auch und vor allem ein Solidaritätsgefühl - viele verbrachten hier Monate ohne Kontakt mit der Aussenwelt - und den Stolz, an diesem Projekt beteiligt gewesen zu sein. Für ausnahmslos alle war die Grande Dixence ein Markstein: Der Soziologieprofessor hat sich hier als Mineur sein Studium verdient und Prägendes erfahren. Der Geometer holte sich sein Rüstzeug für seine spätere Karriere. Der leitende Ingenieur und Direktor der Grande Dixence gab nach Fertigstellung seinen Posten auf - weil «wer eine Kathedrale gebaut hat, nicht zu deren Sakristan werden kann». Gezeichnet hat das Unternehmen aber nicht nur psychisch: Silikose ist der Tribut, den viele Mineure für ihre Arbeit in den staubgesättigten Stollen bezahlen - noch Jahrzehnte später. Auch dies integrierte Hagen in seine Hommage. Wenn der Arzt eine Sonde durch die geschädigten Atemwege führt, mutet deren Ähnlichkeit mit den die Krankheit verursachenden Bergstollen fast gespenstisch an.
Der Faszination des monumentalen Bauwerks wurde schon früher Ehre erwiesen: Jean-Luc Godard fertigte hier seinen ersten Dokumentarfilm Operation Béton (1954), und Claude Goretta drehte 1960 im Auftrag von Télévision Suisse Romande Grande Dixence. Aus diesen werden eindrückliche Schwarzweissaufnahmen zitiert. Für das Porträt dieser einer anderen Zeit entstammenden Arbeitswelt wählte Hagen eine klassisch konstruierte Form, die vor allem durch die bewegenden Zeugnisse der Arbeiter besticht.