Mit seinem Kurzfilm hat sich Nico Gutman gleich in zweierlei Hinsicht in ein sehr mutiges Unterfangen gestürzt: Zum einen begibt er sich in Peru auf die Suche nach seiner leiblichen Mutter, die er als Adoptivkind einer Schweizer Familie nie wirklich kennen gelernt hat. Zum anderen lässt er sich dabei von der Kamera begleiten und beobachten in der festen Absicht, daraus einen Kurzfilm zu machen. Zweifellos bringt das Erkunden der familiären Wurzeln - Nico Gutman lebte 7 Jahre in Peru und seither 23 Jahre in der Schweiz - nicht unbedingt nur erfreuliche Begegnungen, sondern beinhaltet auch heikle Fragen und für alle Beteiligten schmerzliche Erfahrungen. Dies dann mit dieser starken persönlichen Implikation auch noch zu einer Dokumentation zu verarbeiten, die über eine gewisse Eigentherapie hinaus auch für Aussenstehende von Interesse sein kann, birgt ebenfalls einiges an Absturzpotenzial in sich.
Der Mut hat sich bei diesem Projekt jedoch ausgezahlt. Mit einem ebenso einfachen wie geschickten Konzept gelingt es dem Regisseur, die Erfahrungen des Suchens und die Begegnungen mit Mutter und Schwester filmisch zu erschliessen: Während einer endlos erscheinenden Taxifahrt wird nämlich der Fahrer Raul zur Vertrauensperson, dem der Suchende nach und nach seine Geschichte offenlegt. Je länger man in undefinierbaren städtischen Gegenden herumkurvt, in denen selbst Raul nach dem Weg fragen muss, desto mehr erfährt man über Nicos Vergangenheit, vor allem aber über seine gegenwärtige Befindlichkeit. Der einfühlsame Raul wird gar zum psychologischen Beistand, als er dem offensichtlich immer nervöser und unsicherer werdenden Nico kurz vor dem ersten Zusammentreffen rät, einfach ganz ruhig und normal zu bleiben.
Eingebettet in diese Taxifahrten und Gespräche finden dann die Begegnungen erstaunlich gefasst statt. Ja es scheint sich insbesondere bei Nico schnell einmal eine gewisse Ernüchterung über die Distanz und Entfremdung zu seiner familiären Herkunft breit zu machen. Jedenfalls zeigt sich in seiner wohltuend unspektakulären filmischen Verarbeitung der Geschehnisse, dass er seine sicherlich wertvollen Erfahrungen auch persönlich nicht verklärt und überstilisiert. Dies auch für die Zuschauerinnen und Zuschauer spürbar zu machen, ist eine bemerkenswerte Leistung.