Die USA sind bekanntlich eine beliebte Kulisse für Roadmovies und - damit verbunden - die Identitätssuche existenziell durchgeschüttelter männlicher Mitteleuropäer. Wim Wenders hat das bereits mehrfach mit seinen unbestritten atmosphärischen und zu Kult avancierten Filmen unter Beweis gestellt. Dem grossen Vorbild (unter anderen) scheint nun Florian Froschmayer - nur zwei Jahre nach seinem erfolgreichen Überraschungserstling Exklusiv - nachzueifern, mit wenig Geld und noch weniger Zeit (rund neun Monate), dafür mit uneingeschränkter Passion. Die Geschichte von L.A. X ist bald erzählt: Ein Mann landet auf dem Flughafen von Los Angeles, steigt in sein Mietcabriolet und fährt über Las Vegas durch die Wüste Nevada bis zum Grand Canyon. Unterwegs versucht er immer wieder, jemanden anzurufen - seine Ex-Freundin, wie sich bald erschliesst. Doch vergeblich: Seine Telefonate bleiben Monologe, dazu da, die innere Läuterung des Helden - seine Befreiung von den Fesseln der Liebe - zu dokumentieren.
Eine Mini-Crew von drei Leuten: Schauspieler Martin Rapold, Regisseur und Kameramann Florian Froschmayer sowie Michael Auf der Maur, zweite Kamera, haben eine Reise durch die Staaten als Projektionsfläche für eine improvisierte Geschichte genommen. Gedreht wurde auf Minidigitalvideo. Ein oft wackliges und durchgehend schummrigcs Bild mit verschwommenen Konturen ist das Resultat: Das Format, auf 35 mm gefazt, hält der Vergrösserung auf Kinoleinwand (vor allem unter Dogma-Drehbedingungen) definitiv nicht stand.
Den eher dünnen Handlungsstrang reichert der triviale Reisealltag an - die ausgiebig verfilmte Verpflegung in American-Food-Restaurants, die immergleichen gräulichen Hotelzimmer, die Lichtorgeln der Spielsäle und vor allem die wiederkehrenden Aufnahmen vom schmucken roten Cabriolet. «Authentische» Begegnungen, mit der Frau in der Wäscherei etwa, dem Mann an der Hotelréception oder dem Nachbarn auf der Wartebank, wurden in den Spielverlauf integriert. Fiktion und dokumentarisches Material treten so in - bedingt dynamische - Interaktion. Die Echtzeit-Wiedergabe des langwierigen automatischen Bussenabgeltungsverfahrens via Telefon gerät da schon zur unfreiwilligen Komik.
Im Gegensatz zu seinem actionreichen Debüt stellt sich bei Froschmayers Zweitling des Öfteren Langeweile ein, nicht nur auf Grund der endlosen Autofahrten durch eine öde Landschaft - auch auf Grund der Eindimensionalität der Hauptfigur, deren Wandlung pure Hypothese bleibt. Da können die Sonnenstrahlen kurz vor dem Canyon noch so verheissungsvoll aus den Wolken hervorbrechen. Und selbst wenn der Soundtrack immer wieder - mitunter erfolgreich - versucht, die Energien zu bündeln, will die blasse Story ihrem Genre zum Trotz nie wirklich in Fahrt kommen.