Wer das Geld zum Hauptgegenstand eines Dokumentarfilms macht und sich seinem Thema anzunähern versucht, indem er in Einzelporträts reiche Leute darstellen will, muss sich auf Widerstände beim «Gasting» gefasst machen - gilt es doch, potenzielle Gesprächspartner davon zu überzeugen, das sprichwörtliche Credo «Über Geld spricht man nicht, man hat es» vor laufender Kamera zu überwinden. Dieter Gränicher ist es nach zahlreichen Absagen gelungen, vier Personen, in deren Lebensläufen grosser Reichtum eine wichtige Rolle spielt, zur Mitwirkung in seinem Film zu bewegen.
Zuerst wird ein anonym bleibender Erbe vorgestellt, ein früherer Volksschullehrer, dem sein Vermögen den Luxus ermöglicht, «Zeit zu haben». Diese nutzt der Privatier zu Arbeiten im Garten und zum Golfspiel. Gränicher wahrt die Privatsphäre des zurückhaltenden Erben, filmt ihn im anonymisierenden Gegenlicht, zeigt einzelne Ansichten eines mittelständischen Lebensraums, in welchem der vermögende Erbe unauffällig und ohne äusseren Luxus lebt. Dann wird die Erbin eines Textilfabrikanten porträtiert. Sie hat ihr gesamtes Vermögen einer urchristlichen Bewegung vermacht und lebt nun ohne privaten Besitz in den bescheidenen Verhältnissen einer Wohngemeinschaft. Den Verzicht auf ihr Vermögen empfindet sie als Befreiung: «Geld bedeutet für mich Ungerechtigkeit. Es ist kein Verzicht, den ich leiste, sondern ich gebe ein Stück Brot weg und erhalte dafür einen Kuchen.» Kein Stück von seinem Brot gibt der Verleger Jürg Marquard. Dass er trotzdem an den Kuchen herankommt, dafür bürgen sein Geschäftssinn und sein libidinöscs Verhältnis zum Reichtum: «Ich liebe Geld, und ich mache alles dafür, dass das Geld auch Grund hat, mich zu lieben», umschreibt der neureiche Zeitschriftenverleger seinen Umgang mit Reichtum, welchen er ohne Scheu vor übertriebener Grossspurigkeit präsentiert. Privatjet, Rolls-Royce, pompöse Villa und blattvergoldete Teller gehören zu den Luxusinsignien, mit denen sich Marquard ziert und brüstet. Den Abschluss der kleinen Porträtgalerie bildet der ehemalige Topmanager Thomas Westermeier, der, nach eigener Aussage von den Banken um sein Vermögen geprellt, inzwischen von der Fürsorge lebt und vor Gericht um sein Geld kämpft.
Die an sich unzusammenhängenden Porträts werden durch die Filmmusik (jedem wird ein Satz aus Tschaikowskys «Pathétique» zugeordnet) und durch Kommentare einer anonymen Telefonstimme aus dem Zürcher Geldadel verknüpft. Auf der Tonspur wird dadurch ein Zusammenhang zwischen den einzelnen Biografien allerdings stärker behauptet denn belegt oder erläutert. Gränicher selber hält sich im Hintergrund, wahrt Distanz und überlässt den Porträtierten den Raum zur Selbstdarstellung. Die einzigen Ansätze zu kritischer Reflexion scheinen in den Kommentaren der anonymen Telefonstimme auf, die sich bitter über die Verlogenheit und Stillosigkeit des zürcherischen Geldadels beklagt.
Die Unvoreingenommenheit und höfliche Distanz Gränichers zahlen sich aus: Die vier Hauptpersonen empfangen den Dokumentar- filmer ohne Misstrauen und lassen ihn in ihre privaten Lebenswelten vor. Trotzdem würde man sich wünschen, dass über diese filmischen «Homestorys» hinaus dem flüchtigen Duft des Geldes etwas hartnäckiger und kritischer nachgespürt worden wäre.