Ein Mann fischt mit einer langen Eisenstange in einem Glascontainer. Mehrwegflaschen suchen ist sein Lebensunterhalt. Der Ethnologe Armin Biehler begleitet - bzw. mit seinen Worten «rekonstruiert szenisch» - den Alltag dreier Mehrwegflaschensammler im Dreieckland Basel-Lörrach-St-Louis. Pascal Haas ist ein junger Familienvater, der in häufig wechselnden Anstellungen als Lagerist arbeitet und zwischendurch Sammelstellen leerfischt. Das Zurückbringen der Flaschen besorgt seine Frau, die mit den Rückgabebons ihre Einkäufe tätigt. Gottfried von Gunten ist viel angeeckt in seinem Leben. Fünf Jahre lang hat er sich praktisch nur von Bananen ernährt, zwanzig, dreissig Stück am Tag. Jetzt weiss er, wie eine gute Banane schmeckt: Das sei wie beim Wein, man könne eine Kennerschaft entwickeln. Die säuberlich ausgespülten und sortierten Flaschen bewahrt er bei seiner Freundin auf, die fast ein normal bürgerliches Leben führt. Die dritte Sammelnde, Frederikka Herzog, schreibt dem Filmemacher, mit seiner Ausdauer und seiner Behändigkeit würde er es bestimmt zu einem guten Flaschensammler bringen, er könne so wahrscheinlich mehr verdienen als mit der Filmerei.
Biehler verwebt Momente dieser drei Sammlerleben patchworkartig. Er ist ein Beobachter mit Humor und Liebe zum Detail; er ist sich seiner Rolle bewusst und legt auch mal Hand an beim Kelleraufräumen. Er fühlt sich ein in die Wertmassstäbe der Porträtierten und führt sie weder als Sonderlinge noch - in sozialromantischer Manier - als wahrhaft Autonome vor. In Sammlerglück & Mehrwegflaschen kommen viele zu Wort: Passanten, Polizisten, Grossisten und Angestellte des Abfuhrwesens. Was halten sie von Flaschensammlern? Die Spannbreite der Einschätzungen ist weit und reicht vom Penner und Alkoholiker bis hin zu Menschen, die mutmasslich natürlich und ungebunden leben.
Ab wann ist jemand «arm»? Was ist ein guter Sammler? Was hält man von den Kollegen, und wie begegnet man ihnen? Was nach einer ganzheitlichen Erfassung der Sammlerexistenzen klingt, ist von wohltuender Leichtigkeit. Die Kamera ist diskret, meist hält sie Distanz und liefert aussagekräftige Kadragen. Den unprätentiösen Bildern ist anzusehen, dass Bichler die Handgriffe und Gewohnheiten der Sammelnden genau studierte, bevor er zur Kamera griff. Mit Kommentar geizt Biehler nicht, zuweilen erinnert er in seiner munteren Redseligkeit an einen Märchenonkel. Die Stärke und die Originalität des Filmes liegt in seiner Unvoreingenommenheit und seiner gelungenen Balance zwischen einer sehr persönlichen und einer objektivierenden Annäherung an sein Thema. Flaschensammeln ist eben nicht nur eine ökonomische Notwendigkeit. Mitunter kann es auch Glück bedeuten.