Nach Pas perdus (1994) und Reines d'un jour (1996) beendet der aus Genf stammende Pascal Magnin seine Tanztrilogie nun mit Contrecoup (1997). Der Titel nimmt die Violen/ der Performance voraus (Choreographie: Guilherme Botelho). Es wird geschlagen und gerungen, gezerrt und gestürzt, aber auch umarmt und umgarnt. Die Wege von fünf Akteuren - drei Männer, zwei Frauen - kreuzen sich. Ion Paar - bezeichnenderweise ohne gemeinsame Sprache: Sie spricht englisch, er spanisch - steht im Zentrum und tanzt sein Beziehungsdrama zwischen handgreiflicher Auseinandersetzung und leidenschaftlicher Hingabe. Die Gewalt geht vom Mann aus. Die Frau schlägt zurück, entzieht sich und versöhnt sich wieder. Die Körper aller bewegen sich phasenweise marionettengleich, wie von fremden Mächten beherrscht: Sie schlagen um sich, durchqueren zuckend den Raum, fallen in sich zusammen - unbeherrscht, unkontrollierbar, selbstzerstörerisch.
Kulisse der Beziehungsverstrickungen sind die heimischen vier Wände, ist das Nachtleben einer Stadt (Paris) - sind Strassen, Bars, die man allein oder zu zweit durchstreift. Die Requisiten, zwischen denen sich die Personen bewegen, können plötzlich in die Höhe wachsen und damit den Figuren wortwörtlich den Boden unter den Füssen entziehen: Diese hängen unvermittelt an der Theke oder müssen sich am Tisch oder Bett hochhangeln, um nicht in die Tiefe zu stürzen - wie Kinder in einer zu gross gewordenen Well. In die «Handlung» eingestreut, finden sich Sequenzen, die in leichtes Blau getont und in Zeitlupe gedreht wurden. Dort finden sich einige wenige unbeschwerte und glückliche Momente. Ein schneller Schnitt verbindet die Innen- (Bühne) und Aussenräume, reflektiert die Heftigkeit der Ausbrüche. Die unterschiedlichen Musikstile - östliche und mediterrane Zigeunermusik, lyrische Klaviermusik, Techno - fügen sich reibungslos aneinander.
Weniger stilisiert als Pas perdus, kaum spielerische Elemente wie beim leichten, witzigen Alpentanz, in Reines d'un jour, dafür viel schmerzhafte Aggression: Contrecoup thematisiert die eruptive Beziehungsgewalt, die Verzweiflung, das Gefangensein in der Liebe oder dem Alleinsein. In den Schuhen sammeln sich die Steine der Vergangenheit und die Scherben zerbrochener Beziehungen. Die Performance endet in Einsamkeit und Erschöpfung.