Bauernkrieg ist der zweite Film einer geplanten Trilogie zur Frage «Was ist ein Bauer?», deren erster Teil Erich Langjahr 1996 mit Sennenballade vorlegte. Wo der erste Film eine zwar bedrohte, aber noch intakte Idylle beschwor, da handelt Bauernkrieg vom Aufgehen und - in vielen Fällen - Verschwinden des Bauernstandes in einer globalen Agrarindustrie. Langjahr beginnt seinen Film mit Aufnahmen aus dem Jahr 1992, die eine Bauerndemonstration auf dem Luzerner Bahnhofplatz gegen die anstehende Unterzeichnung der Gatt-Freihandelsverträge zeigen. Ein zweiter Abschnitt dokumentiert die Auflösung von drei Bauernhöfen, welche alle Industriebetrieben gehören, denen die Rendite der verpachteten Betriebe zu tief erschien. Langjahr filmt die Versteigerungen von Vieh und Gerätschaft und kadriert diese so, dass jeweils eine Einstellung im Flintergrund ein Fabrikgebäude zeigt. Über die Feststellung der Besitz- und Machtverhältnisse hinaus etabliert er damit den Horizont für das Thema, dem er den Hauptteil des Films widmet: der Industrialisierung der Milchviehzucht wie überhaupt der industriellen Bewirtschaftung des Tierkörpers.
Künstliche Befruchtung, Optimierung des Melkvorgangs, Handel mit Zuchttieren, der Betrieb in einer Samenbank und schliesslich die maschinelle Verwertung von Viehkadavern bilden die Etappen eines eigentlichen Stationenwegs, den der Viehkörper in Langjahrs Film durchläuft. Seinen Höhepunkt und Abschluss markieren Aufnahmen, in denen ein Arbeiter einen aufgehängten Kuhleib aufschneidet und die Eingeweide herausschaufelt, dann ein Lastwagen voller Eingeweide ausgekippt wird und schliesslich ein nicht endender Strom von Eingeweiden aus einer Röhre in ein Becken quillt.
Das sind Bilder, die den Gemälden eines Chaim Soutine an allegorischem Reichtum in nichts nachstehen. Lassen sich die einleitenden Abschnitte des Films noch als Stellungnahme zugunsten der in ihrer Existenz bedrohten Bauern verstehen, so transzendiert sein Hauptteil jeden sachpolitischen Kontext. Bauernkrieg gerinnt in diesen Partien zum filmischen Gedicht und evoziert das, was Michel Foucault die «Intensivierung des Lebens» nennt: keine Orwellsche Vision der allumfassenden Kontrolle, sondern eine - beunruhigendere - der unaufhaltsamen Durchdringung des Körpers, seiner Einbindung in ein Bewirtschaftungssystem, das die Körperfunktionen nicht so sehr kontrolliert als eben intensiviert. Dass der Viehkörper dabei nicht nur für sich steht, sondern zur Empathie einlädt, lässt Langjahr in einer Einstellung anklingen, in der ein Züchter einen Stier mit Zärtlichkeiten überhäuft.
Bilder von der Bauerndemo, die 199h, längere Zeit nach der Unterzeichnung der Gatt-Verträge, auf dem Bundesplatz stattfand und in eine Strassenschlacht ausartete, beschliessen einen Film, dessen emotionale Wirkung in umgekehrt proportionalem Verhältnis zum technischen Aufwand steht, hat doch Langjahr die Kamera selbst geführt und den Film geschnitten, während seine Frau Silvia Haselbeck den Ton machte und bei Kamera und Schnitt assistierte.