Sechs Jungbauern aus dem Waadtländer Jura entwickeln eine Strategie, wie sie ihre Betriebe auch im Zeitalter einer globalisierten, nicht mehr vom Staat protektionistisch geschützten Landwirtschaft erhalten können, Sie überwinden ihr individualistisches Erbe, hauen gemeinsam einen Grossstall, der mit den neusten Gerätschaften zur industriellen Milchproduktion ausgestattet ist, und legen ihr Vieh zusammen. Eine Form der Selbstorganisation, die über den gängigen genossenschaftlichen Betrieb von Milchsammelstellen und Käsereien weit hinausgeht.
Der Lausanner Dokumentarhlmer und Bauernsohn Stephane Goel hat diese lokale Teilkollektivierung der Schweizer Landwirtschaft filmisch begleitet - aus der Nähe, war doch sein Bruder involviert. Gedreht auf Video und unterteilt in mehrere Kapitel, die jeweils mit einem Ausspruch eines der Beteiligten überschrieben sind, ist Campagne perdue die Chronik eines Mentalitätswandels, der zum Staunen ebenso Anlass gibt, wie er die Bauern der alten Schule im Dorf, die Goel auch befragt hat, in Rage versetzt. «Es gibt eben zwei Arten von Bauern - jene, die sagen: «Was wird bloss aus uns?», und jene wie wir, die sagen: «Was sollen wir tun?»», erklärt einer der Stallgründer vor der Kamera, und es trägt zum besonderen Reiz dieser Geschichte bei, dass einem dabei ein Buchtitel von Lenin in den Sinn kommt.
Goel verwendet in seinem knapp einstündigen, im 16:9-Format realisierten Fernsehfilm Techniken, die ihn formal in die Nähe eines Spielfilms rücken. Zum einen präsentiert er seinen Bericht mit einem Voicc-over in der ersten Person und bietet dem Publikum damit nach der Art einer Einkoppelungsfigur einen persönlich gefärbten Blick auf das Geschehen. Zum anderen montiert er immer wieder Aufnahmen vom Bau des Stalls und von der landwirtschaftlichen Arbeit zu Passagen, die mit Originalmusik von Philippe Dragonetti unterlegt sind und den Charakter von Montagesequenzen haben. Bei der Auswahl der Szenen beweist Goel sicheres Gespür für den dramaturgisch fruchtbaren Moment. Die Bauern fühlen sich durch die Anwesenheit ihres alten Bekannten offenbar so wenig gestört, dass sie selbst entscheidende Verhandlungen vor der Kamera führen und dabei mit einer Intensität zur Sache gehen, dass man sich wiederum in einem Spielfilm wähnt.
Zwar liegt die Stärke von Campagne perdue weniger in der Aussagekraft einzelner Bilder und ihrer Montage als in der Stoffwahl und dem Tonfall der Umsetzung, doch liefert Goel mit seiner ironischen, liebevollen Chronik einen relevanten Beitrag zum Verständnis des Umbruchs, in dem sich der Bauernstand befindet, und mit ihm zwangsläufig noch immer das ganze Land.