Frankreich, 17. Jahrhundert: Ein gewitztes Mädchen vom Land erlaubt sich den Scherz, ein Ei unter einen Hahn zu schmuggeln. Die religiöse Ordnung ist dadurch angekratzt. Die Kirche fährt ihr beschwörendes Geschütz gegen den drohenden Aberglauben auf. Später wird aus dem Mädchen Anne eine Frau, deren Gewohnheiten den Rahmen sprengen. Anne tanzt mit entblösstem Oberkörper im Regen. Der junge Bauer Yann, der um ihre Hand anhält, lässt sich von ihrem Ruf nicht abschrecken. Im Wasser eines Weihers geben sich die beiden ihr inniges Versprechen.
Doch kurz vor der Hochzeit fällt Yann in einen Brunnen. Anne sucht das Weite. Sie gibt sich seinen Namen und das Aussehen eines Mannes. An der bretonischen Küste heuert sie auf einem Schiff an. Als der verzweifelte Bräutigam am selbigen Ort ankommt, ist sie schon unterwegs nach Marseille. Er hinkt ihr keuchend nach, über Stock und Stein. Auf dem Schilf trifft Anne den Matrosen Nasser, den kleinwüchsigen Kapitän (und Schriftsteller) sowie dessen Adlaten Doc, der Annes wahres Geschlecht entdeckt. Das Schiff liegt vor Marseille. Anne und Nasser flüchten in die Gassen des Hafenquartiers. Sie trifft die Prostituierte Magali; die beiden vollziehen eine Scheinehe. Beim Schlafen wird die entblösste Anne von einem Nachbarn entdeckt. Vor der Menschenmenge, in der sich auch der eben angekommene Yann befindet, wird Anne abgeführt. Er beireit sie, als sie sich das Leben nehmen will. Die beiden reiten von dannen.
Le monde a l’envers situiert sich zwischen Legende, Märchen und Abenteuerroman. Die geschilderte Handlung allerdings verdient diesen Namen nicht im vollen Sinn. Das Hauptinteresse gilt den Bildern bzw. Tableaus, den körperlichen und klimatischen Bewegungen, den Farben und Stimmungen, in denen die Figuren wie vage Anhaltspunkte schweben, ohne dass ihre psychologischen Konturen voll ans Licht treten - es sei denn in Form von Träumen oder Halluzinationen, die einerseits durch eine Art Animismus der Bildgestaltung angedeutet sind, anderseits durch eigentliche Animation. Mehrere Tricksequenzen lassen Symbole oder Gesichter in Annes Kopf tanzen und sich kas-kadenhaft ineinander verwandeln. Das «Spiel»der Akteure ist dieser Grundausrichtung angepasst. Die nur minim aktiven Gesichter von Laurence Cöte (Anne) und Denis Lavant (Yann) tragen zusammen mit dem Schnitt und der homogenen Licht- und Farbgestaltung den Film, wo er aufgrund eines zu losen Gewebes von Handlungsmomenten auseinanderzubrechen droht.
Rolando Colla findet so eine gangbare Mitte zwischen der grundsätzlichen Schlüssigkeit der formalen Mittel und einer gewissen Schwülstigkeit des Universums, das sich darin spiegelt. Die Stärke des Films liegt im Suggestiven und Dekorativen, im Eintauchen in eine verklärte, fremd anmutende Welt. Starke szenische Momente fehlen ebenso wie symbolische oder emotionale Momente der nachhaltigen Irritation.