Als Österreicher im Ausland über Österreich schreiben heisst: sich einschreiben in eine teuflische Tradition. So gross ist die Verführung, entweder frei von der Leber weg über das ganze Land zu schimpfen und zu jammern (weil wir das Schimpfen und das Jammern zu unseren hervorragenden Kulturtechniken zählen) oder, weil wir den Fremden das Eigene als ein Schönes näherbringen wollen, alles an Österreich ein wenig zu behübschen. Kann man dieser Tradition der Extreme entkommen? Soll man ihr entkommen wollen?
Kann man zum Beispiel Film in Österreich von der Mitte aus betrachten, also ganz vernünftig, abwägend, in massvoller Äquidistanz zu den Werken, Protagonisten, Ereignissen? Oder geht das ohnehin besser von den radikalen Positionen her, in denen das Beschönigen und die Aggression, die Kleinheit und der exzessive Aufwand schon künstlerische Form geworden sind?
Franz Antel (1913-) «Ich verdrängte alles, was mit Politik zu tun hatte, und machte es mir leicht. Das Leben bescherte mir einfach viel zu viel Wunderbares.» Der Name dessen, der hier spricht, ist für die meisten Staatsbürger immer noch die erste Assoziation zum Stichwort «österreichischer Film». Mit Antels bumsfidelen Schwänken, Schmierenstücken, Herrenwitzen ist die Nachkriegsrepublik im Kino gross geworden, klein geworden. Und immer noch erhalten seine Wortmeldungen zur Fihngegenwart und Filmpolitik in den österreichischen Medien mehr Gewicht als alle anderen Diskussionsbeiträge - auch wenn sie selten mehr als Beleidigungen, restaurative Phantasien und Beschwörungen der eigenen glorreichen Karriere versprühen. (Antels Mitstreiter auf diesem Parkett ist der Schauspieler Herbert Fux, einst Schundfilmbösewicht, nunmehr konservativer Grün-Politiker. Gemeinsam ist ihnen ein nostalgischer Wahn: Der österreichische Film müsse mit mehr Komödien und mehr Werbe-Etat endlich wieder den deutschen Markt erobern.)
Antel hat in seiner gesamten Laufbahn - Ausbildung bei der NS-«Wien-Film», Regie seit 1947 - keinen einzigen Film inszeniert, der die in Europa üblichen Standards in bezug auf filmisches Handwerk und populäre Erzählformen erreicht. Aber dank seiner kontinuierlichen Präsenz in den Gesellschaftsspalten und seiner Hartnäckigkeit, die deutschsprachige B-Film-Industrie bis zu ihrem letzten Atemzug begleiten zu wollen, ist ihm irgendwann zwischen ooSex am Wolfgangsee (1966) und Wenn Mädchen zum Manöver blasen (1974) die Rolle des «Doyens» und «Grandseigneurs» im österreichischen Film zugewachsen. Und die wusste er jüngst, in einer völlig veränderten Filmkultur, immernoch weidlich zu nutzen: Antels «Herzensprojekt», der Film Der Bockerer 2 - Österreich ist frei (1996), wurde zwar ursprünglich von sämtlichen Förderungsgremien abgelehnt, konnte aber nach einer beispiellosen Serie von politischen Interventionen und Film-/Fernseh-Finanzkonstruktionen mit öffentlichen Geldern gedreht werden. Vom Bundespräsidenten Thomas Klestil abwärts über den Generalintendanten des ORF bis zu den Landeshauptmännern von Wien und Niederösterreich beteuerten alle involvierten Würdenträger, sie hätten dem «verdienten alten Mann» ein Geschenk nicht verweigern wollen. Dieses Geschenk, dem offenbar keinerlei Drehbuchlektüre voranging, hatte peinliche Folgen: Mit Der Bockerer 2 finanzierte das offizielle Österreich die filmische Aufwärmung jener alten, identitätsstiftenden Geschichtslüge, derzufolge die Befreiung des Landes nicht so sehr 1945 durch die Rote Armee geschah, sondern erst zehn Jahre später, als man «aus eigener Kraft», mit viel Herz und Schmerz und ureigenem Schmäh, die wahre Besatzungsmacht - nämlich «die Russen» - wieder nach Hause sandte. Antels letzter Film bezeugt in aller Offenheit und ohne Scham, dass die süsse Tradition der Selbstbeschönigung kein Ablaufdatum kennt und dass der Mythos von Österreich als Opfer (vor, während und nach der NS-Zeit) auch im heutigen, «normalisierten» Staatswesen weiterlebt. Der Film und seine Entstehungsgeschichte sind sichtbar geworden als eine Farce. Er ist wahrhaftig ein Geschenk.
Kurt Kren (1929-1998) Der Künstler Kren hat zeit seines Lebens wenig Worte gemacht um sich und sein Werk. Aber er war, neben Peter Kubelka, der bedeutendste Filmemacher, der in diesem Land gearbeitet hat. Ihre Avantgardefilme seit den fünfziger Jahren und die ihrer Nachfahren - zum Beispiel Firnst Schmidt jr., Valie Export, Dietmar Brehm, Martin Arnold - bilden zusammen jenes Faktum, das Österreich einen nennenswerten Eintrag in der internationalen Filmgeschichtsschreibung (zumindest in deren wachsamen Varianten) sichert.
Die gänzlich erstarrte, vom bundesdeutschen Markt abhängige Filmindustrie der fünfziger und sechziger Jahre bot jungen, am internationalen Kino orientierten Filmschaffenden keine Ghance: Die Idee eines markttauglichen «Neuen Kinos», wie sie etwa von italienischen oder französischen Regisseuren vorgeführt wurde, war in Österreich von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die konservative Wiener Filmakademie geriet für viele spätere Avantgardefilmer zum Austragungsort eines totalen Bruchs mit der «Branche». Statt an deren dubiose Traditionen schlössen Kren, Kubelka, Ferry Radax und Marc Adrian ab 1955 an die ästhetische Radikalität von Wiener Vorbildern aus anderen Kunstsparten an: Musik (die Zweite Wiener Schule), Literatur (Konrad Bayer, die Wiener Gruppe), bildende Kunst (importierter Surrealismus, Wiener Aktionismus). Ihre Arbeiten sind frühe Beispiele jenes experimentellen Weltkinos, das - jenseits des Marktes - die gesellschaftlichen und materiellen Grundlagen des Laufbilds selbst bearbeitet. Begriffe wie Materialfilm, Formalfilm, struktureller Film, Expanded Cinema nehmen den Platz ein, der anderswo konkrete Poesie, serielle Musik oder Konzeptkunst heisst.
Im Fall von Kurt Kren ging die Aussenseiterposition der Werke mit einer Aussenseiterposition im Leben einher. Seine ästhetischen Entscheidungen und seine Entscheidung, das Arrangement mit Österreich zu vermeiden, folgten einem fast «vegetativen» Unwillen, die bürgerlichen Lebensregeln oder die Manierismen des Kunstbetriebs zu erlernen. Das gilt nicht nur für seine «Underground»-Zeit im Umfeld des Wiener Aktionismus. 1968 gab Kren seinen Job als Bankbeamter auf und lebte fortan mehr oder weniger «on the road» - zuerst in Deutschland, dann in den USA, wo er als Museumswärter in Houston, Texas, unterkam. First 1989 kehrte er nach Österreich zurück. Obwohl von vielen Seiten gewürdigt und mit seinen Filmen international sehr präsent, zog Kren in seinen letzten Lebensjahren weiterhin das Kaffeehausleben und den intensiven Kontakt mit jungen Filmemachern jeglicher Eingemeindung ins offizielle kulturelle oder akademische Geschehen vor. Seinem vorletzten Film tausendjahre-kino (1995), der einer seiner schönsten ist, unterlegte er einen Originaldialog aus Der Verlorene (BRD 1951), der einzigen Regiearbeit des altösterreichischen Emigranten Peter Lorre.
Erich von Stroheim (1885-1957) «Er war borniert, beschränkt, naiv. Er hatte den Kopf voll von Klischees, passend zum Kino. Er liebte Orden und Uniformen, auch wenn er sie depravierte - wie das amerikanische Geld -, indem er sie, für ihn nur so erreichbar, in Kostüme umfunktionierte. Ob er sich selbst seine Beerdigungszeremonie ausgedacht hat oder die, die ihn gut kannten, läuft auf dasselbe hinaus; eine Zigeunerkapelle, behauptet Renoir, spielte Wiener Walzer.» (Frieda Grafe)
Keiner hat genauere Filme über Wien und übers Wien-Gefühl gemacht als Stroheim. Bezeichnenderweise hat er sie, obwohl selbst Wiener aus dem Arbeiterbezirk Ottakring, anderswo gedreht, Filme wie Merry-Go-Round (USA 1922) oder The Wedding Mareh (USA 1928). Er war Teil der ersten Emigrantenwelle von Österreich in die USA. Ihr sollten weitere folgen: von Wien nach Berlin in den zwanziger Jahren, als die österreichische Filmindustrie brachlag; von Berlin nach Paris (1933); von Wien einfach weg, als es für viele lebensgefährlich wurde hierzubleiben (1938-1945). So ist Österreich seine talentiertesten Filmemacher, Schauspieler, Filmhandwerker früh losgeworden. Sie haben etwas hinausgetragen, in den vielfältigsten Formen, gebrochen und gespiegelt an einer neuen Heimat oder neuen Zwischenstationen.
In ihrem Aufsatz «Wiener Beiträge zu einer wahren Geschichte des Kinos» schreibt Frieda Gräfe:
«Der Sinn für <production values>, wie man in Hollywood sagt, die Lust am Aufwand scheint ein Wiener Vermächtnis. Von Broch beschrieben als Erbteil aus der Barockmetropolen-Vergangenheit, als man mit Augenweide und Paraden die staunenden Zuschauer in Bann schlug [...]. Das sieht man diesen [Stroheims] Filmen doch an, schrieb Billie Wilder 1929 im Querschnitt, dass ihr Autor sich vor Sehnsucht nach seiner Heimat verzehrt. Katholischen Kirchenpomp hat Stroheim, gleich dem höfischen Zeremoniell und militärischem Ritual, in seine Wien-Inszenierungen miteinbezogen. Wie sie einander durchdringen, das ergibt seinen Stil, den Orson Welles treffend und verständnisinnig, das war vor den Enthüllungen über Stroheims wahre Herkunft, als jüdischen Barock bezeichnet hat - dem man in jeweils anderen Gewichtungen in Reinhardts Mysterienspielen wiederbegegnet, bei Ulmer, der sich vorstellte, seinen kleinen Filmen Akzente von mittelalterlichen <morality plays> zu geben, in Premingers grossartig ausholenden und einnehmenden langen Einstellungen, mit denen er im Kardinal Rom mit Amerika und Wien verbindet, in Sternbergs vibrierenden, übervollen Bildern, in den Arabesken der Kamerabewegungen in Ophüls' Filmen.»
Nach dem Krieg blieben die meisten Emigranten dort, wohin sie gegangen waren. Von der neuen Regierung und von den Filmunternehmen wurden keine Einladungen zur Rückkehr ausgesprochen. Nach kurzem Innehalten, ab 1947 etwa, gliederte man stattdessen die Wiener Stützen der NS-Filmindustrie, Karl Hartl oder Gustav von Ucicky, neuerlich in die Branche ein. Erst heute sind die Emigranten wieder gefragt, ihre Biographien und Werke und manchmal noch sie selbst sind zu flexiblen Gütern im öffentlichen Filmdiskurs geworden. Von der Linken und der kritischen Geschichtsschreibung wird die österreichische (Film-)Emigration seit zehn, zwölf Jahren aufgearbeitet, sowohl im Zusammenhang mit den fatalen Kontinuitäten zwischen Vor- und Nachkriegszeit als auch in bezug auf die anhaltende filmkulturclle Schwäche des Landes (die Emigration als ungekitteter Bruch). Gleichzeitig greift eine konservative Geste nach den Emigranten und beschwört das «grosse Erbe», den Unterhaltungsfilm der dreissiger Jahre, verschweigt aber den darauffolgenden Exodus. Und schliesslich sorgt auch die aktuelle Politik, die den Bewusstseinswandel im Land unterstreichen möchte, für eine wärmende, zartbittere Erinnerung. Sie sucht die Nähe zu den wenigen Überlebenden - vor allem den prominenten wie Billy Wilder - und erklärt sie, circa fünfzig Jahre zu spät, wieder zu «echten» Österreichern. Auch die alten und die jüngeren Kommerzregisseure Österreichs plazieren sich heute gern in eine Wilder-Genealogie. Franz Antel: «Wilder soll einmal vor zwanzig Jahren gesagt haben, <Warum soll ich nach Wien kommen? Ihr habt ja eh den Antel.>»
Will man verstehen, welch seltsames, unreines Gemisch Film in Österreich ist, will man dessen Reichtum und dessen Zurückgebliebenheit beschreiben, so ist es unerlässlich, die genannten Traditionen im Auge zu behalten. Seit den achtziger Jahren, seit dem Beginn einer geregelten Filmförderung wird - zum Zweck der Legitimierung - häufig nach der «Identität» des österreichischen Films geforscht. Aber nur im Nichtidentischen, in den Überwerfungen und unaufgelösten Widersprüchen lässt er sich fassen, dort, wo «Kontinuität» und «Bruch» schräg ineinandergeschachtelt stehen.
Einem integralen Vortrag von Geschichte(n) verweigern sich schon die Filme selbst. Es gibt in diesem Kino kaum einmal rational-kausales, industriellaufgeklärtes, brav-bürgerliches oder zeitgenössisch-realistisches Erzählen. Man kann sich dieser Tatsache gewinnbringend via Zeitgeschichte oder Psychoanalyse nähern. Oder kulturhistorisch: zum Beispiel über die starke Tradition der Sprachkritik, -Verdrehung, Sprachzerstörung in der österreichischen Literatur und Philosophie, von Nestroy über Wittgenstein bis Jelinek. Auf eigentümlichen Wegen hat sie auch das Filmschaffen affiziert. Man findet sie im reduk-tionistischen Akt der Zerlegung des Filmganzen in seine einzelnen Bedeutungselemente (beim Avantgardefilm: Kubelka oder Arnold); in der Gleichzeitigkeit von devoter Sprachverniedlichung und Aufbegehren durch Stottern, Schimpfen oder «Nuscheln» (wie bei Flans Moser und vielen anderen, auch heutigen österreichischen Filmkomikern); oder im exzessiven, sich ständig selbst ins «Wort» fallenden Kino des Regisseurs Franz Novotny, der mit Filmen wie Exit - Nur keine Panik (1980), Die Ausgesperrten (1982, nach einem Jelinek-Roman) oder Exit 2 - Verklärte Nacht (1995) hervorragende Zeugnisse eines unverwechselbar wienerischen Autorenunterhaltungsfilms geschaffen hat -beissend und überdreht, action- und sexusbetont.
Dieses gesammelte Misstrauen gegenüber der kultivierten Rede (filmisch wie sprachlich) ist zweischneidig: Fis teilt sich in ein regressives, dumpfes Misstrauen gegenüber jeglichem vernünftigen Diskurs und in ein freches, vielleicht subversives Misstrauen gegenüber der Unterdrückung durch Hochsprache, wie sie von Autoritätsfiguren eingesetzt wird. So misstrauisch spricht ein kleines, ehemals bedeutendes (katholisches, autoritär organisiertes) Land, das lange schon schwankt zwischen Neid, Minderwertigkeitsgefühl und Renitenz, Aggression; ein Land, das überdies seine Liebe zur dekorativen Ausschmückung und seine Tendenz zur Selbstverstümmelung irgendwie in Balance bringen muss.
All dies ist nun gefährdet, denn Österreich ist 1995 Mitglied der EU geworden. Vielleicht werden die späten neunziger Jahre rückblickend als jener Moment gesehen werden, in dem das Land (und seine Filme) den Schritt zur Normalisierung vollzogen haben - nachdem bereits die Episode Waldheim, 1986-1992, diesbezüglich einiges bewegte und lange Verdrängtes aufbrechen Hess: die eigene Rolle im NS-Staat ebenso wie die als «Sonderweg» behübschte Österreich-Ideologie der Zweiten Republik.
Im Filmbereich folgt nun, nach Phase i der «Normalisierung», die durch eine Häufung geschichtskritischer Spiel- und Dokumentarfilme geprägt war (mit einem schönen Nachzüglerfilm, Andreas Grubers Hasenjagd, 1994), sogleich der zweite Streich: Durchökonomisierung. Jetzt erst, fast zwei Dekaden nach dem (ohnehin verspäteten) Beschluss des Filmförderungsgesetzes, beginnen die Filmhersteller, mit Business-Plänen und offensivem filmpolitischen Lobbying, mit routinemässigen Koproduktionen und intensiver Projektentwicklung den Anschluss an europäische Standards zu finden. Jetzt erst wird das Land mit Multiplex-Anlagen überschwemmt, die Schliessungen städtischer Einzelkinos mehren sich, so wie die besorgten Fragen, wo denn der österreichische Film in Zukunft seine Abspielstätten finden werde.
Jetzt, da die sogenannte «Referenzfilmförderung» eingeführt ist, als Ergänzung zum «selektiven» Prinzip (Förderung durch Auswahlkommissionen), soll ein Erfolgsfilm umstandslos den nächsten gebären. Erfolg ist definiert durch Zuschauerzahlen im Inland und/oder Festivalerfolge im Ausland. Der Lohn für solch einen Erfolg ist beträchtlich, er reicht in vielfachen Abstufungen von 5 (600'000 Franken) bis maximal 15,5 Millionen Schilling (rund 1,9 Millionen Franken), die vom jeweiligen Produzenten für das Folgeprojekt verwendet werden können. (35'000 Zuschauer oder die Teilnahme am Berlmale-«Forum», an den Wettbewerben von Locarno, Rotterdam usw. bringen 5; 200'000 Zuschauer oder der Auslands-Oscar, die Goldene Palme usw. bringen 9,5, und beides zusammen, das grösste Publikum und die höchsten Preise, bringen 15,5 Millionen.) Die Tatsache, dass künstlerischer Erfolg für ebensowichtig genommen wird wie das Reüssieren an der Kinokasse, bildet eine schöne Rarität unter den europäischen Förderungssystemen. Allerdings treibt diese Regelung die unselige, nach Reinheit strebende Aufspaltung in «Publikumsfilme» und «Kunstfilme» voran. Fast alle Protagonisten beteuern, an dieser Trennung nicht interessiert zu sein, doch die Praxis beweist eher das Gegenteil.
Vielleicht kehrt hier die «sozialpartnerschaftliche Ästhetik», von der der Essayist Robert Menasse im Hinblick auf die österreichische Literatur der Zweiten Republik gesprochen hat, unter erneuerten Vorzeichen zurück: In der Diktion des Filmgesetzes sind Kultur- und Wirtschaftsförderung miteinander verschweisst, wobei der kulturelle Aspekt sowohl den Künstlern als auch dem «Auftraggeber», dem sich solcherart darstellenden Staat, dienen soll; und der wirtschaftliche Förderungsaspekt sowohl den Filmunternehmern (Endzweck: Eigenkapitalisierung) als auch den Filmarbeitern (Senkung der hohen Branchenarbeitslosigkeit). Die Sozialpartnerschaft, schreibt Menasse, ist das «institutionalisierte System des Entweder-und-Oder».
Mit Michael Haneke verfügt Österreich über ein prototypisches Beispiel des europäischen Kunstfilm-Solitärs (schlag nach bei Greenaway, Tarkowskij, Angelopoulos, Kieslowski). Regisseure wie diese halten den «Auteur»-Begriff und das Ideal autonomer Künstlerschaft gegen den Wind der Zeit aufrecht (ohne freilich auf die arbeitsteilige Fabrikationsform des Kinofilms zu verzichten) und geben häufig ein kulturkritisches oder -pessimistisches Bild von der Gegenwart. Bei steigendem Erfolg entfernen sie sich aber zusehends von der Realität der Filmproduktion in ihren Ländern. Von seinen unkonventionellen Fernsehfilmen wie Drei Wege zum See (1976, nach Ingeborg Bachmann) oder Wer war Edgar Allan? (1984) über seine ersten Kinoarbeiten (Der siebente Kontinent, 1989; Benny's Video, 1992) bis zu dem weltweit verliehenen Funny Games (1997) hat Haneke die Gangart stetig verschärft: in Richtung eines kargen, aber autoritären, immer unnachgiebigeren Experiments mit den Zuschauern. Schlechthin als Anti-Antel verschrieen oder gewürdigt, ist Haneke wie dieser zum Protiteur der österreichischen Seelenlandschaft geworden. Im Salzkammergut, dem Herz der Operette und der Finsternis, rittern sie alle um Mythos und Wahrheit dieses Landes: Thomas Bernhard wie Franz Lehär, Antels singende Mädchen vom Weissen Rössl und Hanekes grinsende Terroristenkids am Attersee.
Doch Funny Games markiert wohl einen Endpunkt. Der Zorn des Regisseurs bringt mittlerweile stärkere internationale als heimische Echos hervor. Der spürbaren Entfremdung zwischen Haneke, dem ambivalenten «Aushängeschild», und weiten Teilen der österreichischen Filmszene entspricht seine Entscheidung, den nächsten Film in Frankreich, mit einer französischen Produktionsfirma zu drehen. Auch der Arbeitstitel dieses Projekts zeigt, dass das Experiment nun schon eines grösseren Rahmens bedarf: Gucrre mondiale.
Am anderen Finde des Spektrums finden sich die lokalen Komödien mit Publikumslieblingen, die ihre Bekanntheit via Fernsehen oder Kabarett erlangten. Diese Tradition reicht bis zu Hans Moser zurück: Österreichische Filmkomiker werden nie vom Kino ausgebildet, sondern betreten dieses Terrain als schon versierte Kleinkunst- oder Bühnendarsteller. (Ähnliches gilt für die Drehbuchautoren, deren praktisch-ästhetische Erfahrung sich häufig von Theater, Kabarett oder Belletristik herleitet. Beide Konventionen werden für den mangelnden Naturalismus, die artifiziellen Dialoge und die gestelzte Sprachbehandlung vieler österreichischer Filme verantwortlich gemacht.)
Der grösste österreichische Kassenerfolg der vergangenen dreissig Jahre, die Krimiparodie Müllers Büro (Niki List, 1986, 440'000 Zuschauer), fand lange keine Nachfolger. Doch seit Anfang der neunziger Jahre boomt die Gattung: Die «Road Comedy» Indien (Paul Harather, 1993, 220'000 Zuschauer) gilt -sowohl, was ihre Popularität betrifft, als auch in bezug auf ihre relativ zurückhaltende Ästhetik und das Spiel der beiden Kabarettstars Josef Hader und Alfred Dorfer - als eine Marke, die es erst wieder zu erreichen gilt. Beachtliche Besucherzahlen verzeichnen auch die gänzlich formlosen, kleinbürgerlichen Komödien von Reinhard Schwabenitzky (Verlassen Sie bitte Ihren Mann, 1993, 80'000 Zuschauer; Ein jast perfekter Seitensprung, 1995, 150000 Zuschauer; Eine fast perfekte Scheidung, 1998, 160'000 Zuschauer) und die zumeist auf Kabarettvorlagen basierenden Filme von Harald Sicherilz (Muttertag, 1993, 90'000 Zuschauer; Freispiel, 1995, 175'000 Zuschauer; Hinterholz acht, 1998, man rechnet mit rund 500'000 Zuschauern).
Im ORF, dem öffentlich-rechtlichen Monopolfernsehen, hat sich zur gleichen Zeit ein starker Wandel hin zur Quotenjagd vollzogen. Die einflussreichen und oft recht «progressiven» österreichischen Fernsehspiele der siebziger und achtziger Jahre (Mehrteiler wie Die Alpensaga oder Kottan ermittelt, TV-Filme von Haneke, Fritz. Lehner, Axel Corti) fanden spätestens unter der «Sparkurs»-Intendanz. des heutigen RTL-Managers Gerhard Zeiler keine Fortsetzung mehr. Insgesamt fiel die Zahl der Fernsehspiele, die der ORF bei der Filmwirtschaft in Auftrag gab, von 25 (1994) auf 6 (1997/98) - ein Katastrophenszenario für die Branche. Darüber hinaus versuchte Zeiler verstärkt, die für Kinofilme bestimmten Fördcrungsmittel aus dem «Film-Fernseh-Abkommen» für familienfreundliche Hauptabendprojekte zu reservieren, um so auf billigem Weg zu attraktiven Schein-Eigenproduktionen zu kommen. Thematisch oder künstlerisch «heiklen» Vorhaben (vor allem junger Regisseure und Firmen) wurden Gelder aus diesem Topf, anders als bisher üblich, nun durchwegs verweigert. Der Anspruch auf Definitionsmacht, was als «österreichischer Film» zu gelten habe, wird mit zwei weiteren Strategien untermauert: Immer häufiger setzt der ORF reine Fernsehspiele kurz, vor der Ausstrahlung mit beträchtlichem Werbeaufwand im Kino ein, um die Unterschiede zu nivellieren; gleichzeitig deckt auch die redaktionelle Kulturberichterstattung des ORF zum Thema Kino nur mehr jene Werke ab, an denen er selbst beteiligt ist - neu anlaufende heimische Filme, die ohne Fernsehmittel entstanden sind, werden praktisch verschwiegen.
In seinem gesamten Erscheinungsbild mutierte jenes österreichische Filmschaffen, das der ORF (mit)produziert, vom literarisch ausgerichteten, sozialdemokratischen Realismus der Jahre 1975-1986 zu einem heimeligen Kaminfeuer, das die Stars und Stories der fünfziger Jahre aufwärmt oder «junge», scheinbar zeitgenössische Schatten derselben an die Wand wirft. Remakes der beliebten Heimatfilme Der Hofrat Geiger und Krambambuli stehen einträchtig neben den zwei- bis dreimal jährlich wiederkehrenden Salonproblemkomödien von Xaver (Regie) und Ulli (Drehbuch) Schwarzenberger. Dieses Team hat seine Rolle als Hoffnungsträger (Donawwalv.er, 1984) ganz, dezidiert gegen jene eines Ideologieministeriums für den neuen Mittelstand getauscht.
Die völlig unterschiedlich verlaufenden Wege des Dokumentarfilms, Kurzfilms, Avantgardefilms werden in Österreich vielleicht auch deshalb so gern beschritten, weil dort andere Prüfkriterien und Anknüpfungspunkte existieren (sowie andere Förderungs- und Vertriebsformen), die den abrupt wechselnden Geschmackswellen und kulturpolitischen Anforderungen des «grossen Kinos» nicht unterworfen sind. Das dokumentarische Werk von Ruth Beckermann {Die papierene Brücke, 1986; Jenseits des Krieges, 1996}, Ulrich Seidl (Good News, 1990; Mit Verlust ist zu rechnen, 1993), Egon Humer (Postadresse 2640: Schlöglmühl, 1990; Schuld und Gedächtnis, 1992; Emigration N.Y., 1995), Nikolaus Gcyrhalter (Angeschwemmt, 1994; Das Jahr nach Dayton, 1997) und Leopold Lummerstorfer (Der Traum, der bleibt, 1996) hat neben einer konkreten politischen Rezeption die «wahrnehmungspolitische» Behauptung einer spezifischen Kino-Dokumentarfilmkultur ermöglicht - ähnlich wie in der Schweiz oder in Holland. Auch aus dem Paralleluniversum der Kunst-Avantgarde treten ganz, regelmässig abendfüllende Filme hervor, zum Beispiel Milk (1997), das in Japan realisierte Debüt des Documenta-Teilnehmers Edgar Honetschläger, oder die Found-footage-Bearbeitungen Eine Geschichte der Bilder (1996, Gemeinschaftsarbeit) und Film ist. (1998, Gustav Deutsch). Dort, wo sich der Spielfilm bewusst mit Elementen dieser «marginalen» Gattungen infiziert; wo sich Regiekarrieren einer Pendelbewegung zwischen dem Erzählerischen und Dokumentarischen und dem (vielleicht nur halberinnerten) Erbe des Avantgardefilms aussetzen, könnte ein zeitgenössisches Autorenkino sichtbar - wenn auch schwer finanzierbar - werden.
Einmal war es in Österreich schon soweit. Für einen kurzen Moment lang, Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre, verwoben sich die randständigen Linien zu einer Gruppe kleiner, zerbrechlicher Kinofilme, die von der Suche nach neuen filmischen Redeweisen und der (verzögerten) Erfahrung eines Gencrationsbruchs getragen waren. Sie alle zeigen, mehr oder weniger explizit, wie neue soziale Energien oder individuelles Aufbegehren am sozialdemokratischen «Goodwill-Staat» abprallen oder verpuffen. Parallel zum genre- und geschichtsbewussten Unterhaltungskino von Franz. Novotny und Peter Patzak (Kassbach, 1979; Den Tüchtigen gehört die Welt, 1981) entstanden in dieser Zeit - «vor dem Gesetz» - viele Werke in freier Produktionsweise: John Gooks semidokumentarische «Alltagsfilme» Langsamer Sommer (1976) und Schwitzkasten (1978); vom experimentellen oder essayistischen Film angesteckte Arbeiten wie Unsichtbare Gegner (Valie Export, 1977), Gefischte Gefühle (Manfred Kaufmann, 1979), Zechmeister (Angela Summereder, 1981);der grosse ethnographische Essay Himmel und Erde (1979-1982) von Michael Pilz; zwei stille, traurige Filme zum Thema Psychiatrie - Kopfstand (Ernst Josef Lauscher, 1981) und Drinnen und draussen (Andreas Gruber, 1983).
Eine Wiederholung dieser Situation ist nicht vorstellbar, sie war nur möglich durch die relative Regellosigkeit der Produktionsumstände. Aber nach der Ära einer halbherzigen «Professionalisierung» im österreichischen Kino, die weit mehr Fehlschläge, abgebrochene Karrieren und kleinmütige Geschichten hervorgebracht hat als genuine Entdeckungen (zu diesen zählt vor allem Wolfram Paulus' «Salzburg-Trilogie» - Heidenlöcher, 1986; Nachsaison, 1988; Ministranten, 1990), scheint heute in der Generation der 35- bis 40jährigen Regisseure wieder der Wille zum Unreinen, zur Idiosynkrasie Fuss zu fassen.
Die Rahmenbedingungen sind strenger geworden, «europäischer», aber zwischen den Polen des hehren Kunstfilms und der leeren Komödie erwacht zurzeit auch erstmals das Interesse an lokalen Formen eines publikumswirksamen Arthouse-Kinos. Mit Stefan Ruzowitzkys post-melodramatischem «Alpenwestern» Die Siebtelbauern und Florian Flickers Suzie Washington, der die Geschichte einer asylsuchenden Frau auf der Flucht durch Österreich erzählt, sind 1998 zwei Exemplare dieser Gattung mit gutem Erfolg angelaufen und vielfach ins Ausland verkauft worden. Das aktionistische und das skurril-literarische Erbe repräsentieren in dieser Generation die eigenwilligen Filme von Christian Frosch (Die totale Therapie, 1997: Selbsterfahrung als Horrortrip) und Michael Kreihsl (Charms Zwischenfalle, 1996: Stalinismus als abgehobene Farce). Bei Ulrich Seidl und Michael Glawogger schliesslich werden die etablierten Grenzen zwischen Dokumentär- und Spielfilm attackiert. Glawogger ging nach der Wiener Kleinbürgersatire Die Ameisenstrasse (1995) in die Welt hinaus, nach Bombay, Moskau, Mexico City, New York, und kehrte von dort mit einem Filmmosaik zurück: Megacities (1998) besteht aus zwölf- stilistisch sehr unterschiedlichen - «Geschichten vom Überleben», die sich wie (über Kontinente hinweg) kommunizierende Gefässe verhalten. Die Episoden und Protagonisten sind in ein System gegenseitiger Abhängigkeit gebracht, wodurch die Rolle des Dokumentaristen als Erzähler vor der Folie «korrekter» ethnographischer oder journalistischer Traditionen deutlich betont wird. Ulrich Seidl bewegt sich aus der anderen Richtung aufs gleiche Ziel zu: Vom klassischen Doku-Milieu immer schon als «problematisch» identifiziert und ob seiner Tendenz, zur menschenfeindlichen Inszenierung heftig umstritten (Tierische Liebe, 1995), überschreitet er mit seinem jüngsten Werk Models (1999) behende und ohne Koketterie die Hürde zur «hundertprozentig gespielten Wahrheit»: Seine Darstellerinnen sind Fotomodelle und stellen der Mise en scene zuliebe ihr Leben und ihre Sorgen mit Verve noch einmal nach.
Die kurze Werkliste von Wolfgang Murnberger, dem begabtesten unter den jüngeren Regisseuren, offenbart alte Strukturmängel der Filmbranche, denen auch die anderen erwähnten Autoren nicht so rasch entkommen werden: zwei Kinofilme in neun Jahren (dazwischen zwei aussergewöhnliche Arbeiten fürs Fernsehen). Angesichts des grossen Publikumserfolgs von Ich gelobe (1994) ist es um so enttäuschender, dass Murnberger nicht kontinuierlich mit Kinoarbeit befasst ist. Himmel oder Hölle (1990) und Ich gelobe sind autobiographisch motivierte Geschichten von einer Kindheit auf dem Land und vom Militärdienst eines 18jährigen - gedreht zum Grossteil mit Laien. Beide Filme inszenieren einen offenen, prismatischen Blick, in dem sich die unterschiedlichsten Bewegungen aneinander spiegeln und brechen können: erinnern, erzählen, kommenticren, festhalten, wünschen. Murnbergers Arbeit zählt zu den raren Beispielen eines realistischen österreichischen Kinos, das sich nicht auf der Basis literarischer oder historiographischerWahrscheinlichkeitskonventionen entwirft, sondern jeweils aufs neue: im freien Spiel zwischen der eigenen Wirklichkeitserfahrung eines Menschen und den eigenen Möglichkeiten der Filmapparatur. Solch eine Vorstellung vom Kino könnte bald in grösserem Umfang von der jüngsten Regiegeneration Österreichs realisiert werden. An der Wiener Filmakademie sind in den letzten drei Jahren mehrere Kurzfilme entstanden, die den Begriff einer «neuen Währung» rechtfertigen (allerdings suchen sie nach einer nichtökonomischen Antwort auf den Euro und seine Mythologie). Es sind ohne Ausnahme Filme, die an die soziale Wirklichkeit im Land und an zeitgenössische «minoritäre» Strömungen im europäischen Kino anknüpfen - zum Beispiel an die Arbeiten von Sandrine Veysset, Aki Kaurismäki, Ciaire Denis oder Luc und Jean-Pierre Dardenne. Ihre Autorinnen sind zwischen 25 und 29 Jahre alt und heissen Barbara Albert (Die Frucht deines Leibes, 1996; Sonnenflecken, 199H), Kathrin Resetarits (Ägypten, 1997), Mirjam Unger (Speakeasy, 1997), Jessica Hausner (Flora, 1996), Antonin Svoboda (Betongräser, 1995; Grosse Ferien, 1997). Sie alle stehen kurz vor der ersten längeren Arbeit. Mit ihrem Beitrag zu dem (jugend)stilbewussten Episodenfilm Slidin' - Alles bunt und wunderbar (1998, Barbara Albert, Reinhard Jud, Michael Grimm) hat Albert die schneidende Luft des geförderten «Nachwuchsfilms» schon gekostet, die hohen Erwartungen der Szene aber ein weiteres Mal bestätigt.
Vor die Frage gestellt, was der neue Markt und die neuen Regeln für die österreichische Filmlandschaft bedeuten könnten, darf sieh jeder einzelne, der an ihr interessiert ist, wieder einmal entscheiden zwischen Vornemitdabei- und Bisserlhintennachsein. Da ersteres den Österreichern erwiescnermassen noch nie ganz gelungen ist und da genügend Nischenpotential für ein sinnvolles, wohlbedachtes Hintennachsein existiert, mag einer, der letzteres wählt, der Klügere sein.
Das filmpolitische Jahr 1998 war zu einem Gutteil von der Affäre Jedermanns Fest (1996-?, Fritz Lehner) bestimmt. Diese freie Aktualisierung des Jedermann-Stoffes - mit Klaus Maria Brandauer in der Titelrolle, dem Fernseh-Epiker Lehner hinter der Kamera und potenten Produktionspartnern in Frankreich und Deutschland - sollte die grösste österreichische Filmanstrengung der Nachkriegszeit werden; ein europäischer Bestseller. Nach langer Drehzeit wurde der Film 1997 abgebrochen - aufgrund inszenatorischer Obsession, virulenter Geldnot, zerrütteter Beziehungen zwischen Regie und Produktion. Taktische Spiele zwischen Förderern, Produzenten, Künstlern und einigen filmpolitischen Wortführern halfen, die Zeit zu überbrücken. Jetzt liegt ein vierstündiger (laut Lehner aber lückenhafter) Rohschnitt im Safe und das Projekt vor Gericht; die Produktionsfirma steht am Rande des Abgrunds und der Regisseur auf dem Standpunkt, seine künstlerische Vision dürfe durch nichts und niemanden gefährdet werden. Und wenn die Welt untergeht. Und der Liebe Augustin singt. Und alles ist hin.
Vielleicht steht es einem Manufakturbetrieb wie dem österreichischen Film besser an, «das Ausland» mit dem zu beeindrucken, was er tatsächlich ist, als mit dem, was zu sein er immer nur träumt. Die Nischen auf dem Markt der Bewegungsbilder existieren ganz gewiss. Manchmal werfen sie nichts als Kunst ab, manchmal Rückflüsse und Zinsen in Geld, und manchmal vielleicht sogar ein paar Dekagramm Identität. Wenn Sie, Österreicher, hier «im Ausland» lesen müssen, dass bei Ihnen daheim solche Nischen sind, soll es mich freuen; ich wollte auch Ihnen das Eigene als ein Schönes näherbringen. Wenn Sie, ausländischer Mensch, im Lauf dieser Zeilen des Schimpfens oder Behübschens überdrüssig geworden sind, will es mir ebenfalls recht sein. Das hat bei uns schon eine teuflische Tradition.