Ein heißer Morgen in der Bronx. Chi-Chi wälzt sich zur routinierten Euphorie eines Radiomoderators aus dem Bett. Die Kamera begleitet ihn zum Arbeitsplatz, einem kleinen Lebensmittelladen. Schnitt: Professor Money, ein Sexualforscher an der Johns-Hopkins-Universität, äußert sich vor einem Bücherwall steif zu Begriffen wie »Hermaphrodit«, »Hormone«, »Geschlecht« und »Identität«. Erst allmählich beginnt man Chi-Chi, den man bis dahin für einen ganz normalen Mann gehalten hat, genauer zu betrachten. Schöne glatte Wangen hat er. Eine perfekte Rasur?
In seiner Heimat, der Dominikanischen Republik, haben 1951 Ärzte ein seltsames Phänomen entdeckt: In einigen abgelegenen Dörfern wurden und werden Mädchen geboren, die sich während der Pubertät nicht zu Frauen, sondern äußerlich zu Männern mit nur beschränkt entwickelten primären Geschlechtsteilen, zu Alpha-5-Hermaphroditen, entwickeln. So erging es Chi-Chi. Sein Körper wandelte sich, als er zwölf war. Zwei Jahre später erschien er eines Morgens beim Coiffeur, ließ sich seine lange Mähne bürstenkurz schneiden und verstaute alle seine Röcke im Schrank. Sein Geschlechtswechsel verursachte zwar einige Unruhe im Dorf, relativ rasch wurde er jedoch als junger Mann akzeptiert. Heute lebt er verheiratet in den Staaten, wohin er vor zwölf Jahren im Rahmen eines Forschungsprogramms über Geschlechterdifferenzierung geholt wurde.
Die Dominikanerin Bonny reagierte auf dieselbe Situation grundlegend anders. »Wie ich mich fühle, so bin ich«, lautet der Untertitel des Films, der Bonny zugleich Programm ist. Als ihr Körper in der Pubertät immer kantiger wurde, suchte sie Spezialisten auf, die ihre »Vermännlichung« aufhalten sollten. Schließlich entschied sie sich, »alles zu lassen, wie es ist«, zwängt seither ihren massigen Körper in Röcke und scheint ganz zufrieden zu sein. Zwar hat sie keinen Partner, aber ein reges Sozialleben. »Guevotes haben irgendwie mehr Phantasie, mehr Charme und sind sehr einfühlsam«, sagt eine Frau, die mit ihrem verstorbenen Mann, ebenfalls ein Alpha-5-Hermaphrodit, 25 Jahre zusammenlebte.
Sánchez nähert sich diesen Menschen sehr behutsam. Auffallend oft sieht seine Videokamera sie aus einiger Distanz – er will sie nicht als Kuriosum, als »Laune der Natur« vorführen. Patchworkartig verwebt er die verschiedenen Statements der zwei Hauptfiguren, ihrer Freunde und Bekannten und anderer ineinander und nimmt sich Zeit für Blicke auf den dominikanischen Alltag – das Verkehrsgewühl, Hahnenkämpfe, Hausarbeit –, den er, begleitet von allgegenwärtiger dominikanischer Musik, in atmosphärisch dichten Bildern einfängt. Das hebt den Film wohltuend ab von oberflächlichen und reißerischen Berichten, die man sich bei dieser Thematik vorstellen könnte. Im Zweifelsfall entscheidet Sánchez sich für die Integrität der Personen und gegen die Neugier, manchmal auch gegen die Klarheit, gegen ein Nachfragen etwa, wenn Chi-Chi von Veränderungen an seinem Körper spricht, aber nicht konkret wird. Auch formal ergibt dieses Bündeln oder Aufschieben von Fragen einige Inkohärenzen, weil Sánchez fast die gesamte Faktenübermittlung dem »Experten«, Professor Money, überläßt, der immer wieder hart und ausführlich in das Bildergeflecht vom dominikanischen Alltag und den Guevotes eingeschnitten wird. Lehrerhaft und verstaubt wirkt dies. Was übrigens »Guevote« genau bedeutet und was Chi-Chi und Bonny konkret von einem richtigen Mann bzw. einer richtigen Frau unterscheidet, ist bis zum Schluß unklar.