»Girasole« - der italienische Name der Sonnenblume verweist auf ihre Drehung mit dem Sonnenstand. Genau das tut auch das gleichnamige Haus bei Verona: In 24 Stunden dreht es sich langsam und beinahe unmerklich einmal um sich selbst. Es wurde in den dreißiger Jahren vom Ingenieur Angelo Invernizzi erdacht und mit Hilfe vieler befreundeter Techniker und Künstler gebaut. Architektur und Inneneinrichtung orientieren sich an Ideen des Futurismus und des Bauhaus.
Elegische Klarinettentöne, eine beinahe statische Kamera und ein betulicher Rhythmus verstärken das Gefühl der märchenhaften Verlassenheit des Hauses. Die Tochter des Erbauers erzählt aus der Vergangenheit, von der Entstehung der Pläne und den glücklichen Tagen der Kindheit. Invernizzi, der aus Marchelise bei Verona stammte, lebte und arbeitete als Architekt in Genua. Der »Girasole« war der Landsitz der Familie für die Zeit der Kirschen- und der Traubenernte. Schon damals wurde das Haus nur selten bewegt. Einmal im Jahr für die Besitzerin, sonst auf Wunsch von Besucherinnen, wird die Mechanik heute in Betrieb gesetzt. Für die Regisseure Anlaß, immer wieder Teile des Mechanismus zu zeigen, ohne didaktisch zu werden, bis die Funktionsweise einleuchtet. Abwechselnd zu den Innenaufnahmen wird das Haus wiederholt in der Totalen von außen betrachtet. Gezielt werden die verschiedenen Kamerastandpunkte zur optischen Konstruktion des architektonischen Raumes montiert.
Etwas weniger geglückt sind die inszenatorischen Mittel. Die jugendliche Stimme Ketty Fuscos will nicht so recht zu Lidia Invernizzi, der Tochter des Erbauers, passen. Manchmal wünschte man/frau sich, die Regie würde der großen Bewunderung für den Vater etwas Einhalt gebieten. Auch der isolierte Versuch, mit zwei weiteren Personen Handlung und Leben in eine Szene zu bringen, macht vielmehr auf die Verlassenheit der Räume aufmerksam, als daß sie diese belebt.
Der Kurzfilm ist eine glaubwürdige Hommage an das außergewöhnliche Haus und seinen Erbauer und vermittelt architektonische und geschichtliche Einzelheiten als Bestandteil der künstlerischen Aufbruchstimmung der dreißiger Jahre.