Er nannte sich nicht nur Surava. Hans Hirsch hatte unzählige Pseudonyme. Sein Name klang jüdisch und provozierte in den dreißiger Jahren immer wieder Fragen nach seiner Religion - oder im Jargon der Zeit — seiner Rassenzugehörigkeit. Er war kein Jude, doch die ewige Fragerei beschämte ihn: Es bei einem „Nein, ich bin kein Jude“ zu belassen, kam ihm feige vor. Als die Zeitung Die Nation in der Blütezeit des Nationalsozialismus zu seinem Sprachrohr wurde, benutzte er deshalb sein altes Pseudonym Surava, um überhaupt gelesen und ernst genommen zu werden. Nazifreundliche Politiker bekämpften den unbequemen Antifaschisten und Kritiker der anpasserischen Staatspolitik mit allen Mitteln. Die unerbittliche Zermürbungstaktik hochrangiger Politiker gipfelte in einem Prozeß des Bündner Dörfchens Surava gegen den Journalisten und Schriftsteller Surava alias Hirsch. Das Synonym weiterhin zu führen wurde ihm gerichtlich verboten. Nach dem Zweiten Weltkrieg vermochten dieselben Kreise seine berufliche Existenz vollends zu vernichten.
Der Filmemacher Erich Schmid, der den Kampf für einen engagierten Journalismus aus eigener, leidiger Erfahrung kennt (vgl. Buchpublikation von 1986: Verhör und Tod in Winterthur), ist durch die 1991 erschienene Autobiographie von Peter Surava auf ein brisantes Kapitel der Zeitgeschichte gestoßen. Schmid konzentriert sich ganz auf den individuellen Fall des verfemten Journalisten, in dem sich der Antisemitismus einer ganzen Generation spiegelt. Suravas Schicksal zeigt deutlich, wie lange der Antisemitismus auch in den Führungsetagen salonfähig war. Der Filmemacher sucht mit Peter Surava die Orte auf, die für dessen Geschichte wichtig waren. Surava erzählt und wird dazu aufgefordert, die entscheidenden Momente nochmals andeutungsweise durchzuspielen. Gemeinsam blättern die beiden in Zeitungen und Akten oder zeigen der Kamera - für sich sprechende - handschriftliche Notizen des Bundesrates von Sprecher. Zudem kontrastiert Schmid die Erinnerungen Suravas mit Ausschnitten aus zeitgenössischen Wochenschauen. Zu Wort kommen außerdem einige wenige ausgewählte Persönlichkeiten wie der Publizist Oskar Reck oder Hirschs damalige Ehefrau. Schmid bedient sich der konventionellen Techniken und Methoden der filmischen Reportage. Auch für die ständige Überwachung Suravas, die zu einer beispiellos dicken Piche führte, findet Schmid nicht eigenständige Bilder, sondern erfindet lediglich die naheliegendste fiktionale Szene: Wir beobachten einen Spitzel beim Tippen der Ficheneinträge. Die formale Zurückhaltung des Porträts erscheint den einen als unbedingte Notwendigkeit, den anderen hingegen schlicht als Einfallslosigkeit. Der mangelnde Gestaltungswille wird wohl dereinst dazu führen, daß wir eher den skandalösen Fall als den Namen des Filmemachers in Erinnerung behalten werden.