Fabienne (Karin Viard) und Bruno (Vincent Cassel), zwei junge Architekten aus Paris, ein Paar in Büro und Bett, stehen vor dem Durchbruch. Am Abend kommt aus, ob sie den erwarteten großen Staatsauftrag erhalten. Die Feier soll bei Simon (Richard Berry) stattfinden, einem libanesischen Juden, der im Pariser Exil vom Drogenhandel lebt. Bis dahin verbleibt ein Tag, den Fabienne und Bruno auf ihre Weise nutzen. Bruno, ein notorischer Schürzenjäger, trifft sich für eine arrangierte Eskapade mit einer anonymen Frau in einem Edelbordell. Fabienne besucht schon mal Simon und klagt ihm ihr Leid über Brunos vermutete Untreue. Der ältere Freund versteht solche Offenheit als Einladung.
In ihrem dritten Spielfilm, Adultere (mode d’emploi), thematisiert die Franko-Schweizerin Christine Pascal die leidensträchtige Unfähigkeit der Frauen, Gefühle und Sexualität in ähnlicher Weise auseinanderzudividieren wie die Männer. Die Hauptfigur, die ehrgeizige Architektin Fabienne, leidet an der Untreue ihres Lebensgefährten Bruno, beneidet ihn aber auch um seine Leichtfertigkeit. Die Regisseurin zeichnet Fabienne in den Gesprächen mit Simon nicht zuletzt als Gefangene eines Korsetts von Beziehungsphantasien und stilisiert entsprechend Brunos Bordellbesuch, eine Situation lllusionsloser, unpersönlicher Sexualität, zu einem idealisierten Augenblick der Aufrichtigkeit. In einer Kultur, die Sexualkontakte dieser Art als entfremdete Verfallsform menschlicher Beziehungen ächtet, wirkt das provozierend. Ein charakteristisches Vorgehen. Mal um Mal unterläuft Christine Pascal mit inszenatorischem Scharfsinn den moralischen Konsens, in dem der fiktionale Kosmos das Publikum konventionellerweise bestätigt, wieder und wieder legt sie falsche Fahrten und läßt die Zuschauer mit ihren Reaktionen ins Leere laufen. So erscheint in einer kurzen Sequenz ein Holzkistchen durch die Suggestion der Montage bald als Drogenbehälter, bald als Fischfuttergefäß und wieder als Drogenbehälter, bevor es überhaupt richtig geöffnet wird. Christine Pascal, die das Drehbuch zu Adultere gemeinsam mit ihrem Ehemann und Produzenten Robert Boner geschrieben hat, erweist sich als Meisterin des Zweifels und des fragenden Spiels mit den imaginären Investitionen, mit denen das Publikum die Filmbilder auflädt.
Daß ihr dabei noch ein stimmungsvolles Porträt ihrer Generation gelingt, verdankt sich zu einem guten Teil den Schauspielern, nicht zuletzt Richard Berry, der mit seinem sparsamen Spiel das emotionale Gravitationszentrum des Films bildet. Ein bemerkenswerter Film, nicht ohne Brüche, aber gelungen.