Neu ist es zwar nicht, das Thema des Dokumentarfilms Klatschmohn - aus dem Leben mit Heroin, dafür aber um so aktueller. Die Kamera begleitet den 25jährigen, seit acht Jahren Heroin und seit zwei Jahren zudem noch Methadon konsumierenden Däni auf seinen Gängen durch die Stadt Basel, folgt ihm zum Drogenmarkt, ins Gassenzimmer und zur Methadonabgabestelle. Mit großer Offenheit und kritischer Selbsteinschätzung erzählen Däni sowie weitere (Ex-)FixerInnen von ihrem vom Heroin bestimmten Alltag, ihren negativen, aber auch positiven Erlebnissen mit dem Stoff. Sie berichten über ihre Erfahrungen mit der Ersatzdroge Methadon, über deren problematische Seiten wie die mangelnde euphorisierende Wirkung, die viele doch immer wieder zu den illegalen Drogen greifen läßt, oder über die Folgen für die Gesundheit, wenn das Methadon zur Befriedigung der „Schußgeilheit“ injiziert statt getrunken wird (und damit auch der von der Abgabestelle beigemischte Sirup, der das Spritzen gerade verhindern sollte).
Auffällig an diesem Film ist, daß für einmal allein die Drogenabhängigen das Wort haben und die Expertinnen, vom Sozialarbeiter zur Ärztin, gänzlich ausgeblendet bleiben, auf Schreibtischkommentare verzichtet wird. Die Beurteilung der Situation einerseits und die Lösungs- oder zumindest Verbesserungsvorschläge andererseits werden in diesem Film nicht von außen herangetragen, sondern kommen von den Betroffenen selbst, unter anderem vom „Junkie Bund Basel“, einer Selbsthilfeorganisation, die sich als Interessenvertretung der Drogenbenützerlnnen sieht.
Eine weitere Besonderheit des Films ist, daß er aufräumt mit dem Klischee des heruntergekommenen Junkies, der in Wirklichkeit nur einen kleinen Teil der Drogenabhängigen ausmacht. Auffällig viele der Porträtierten sind sozial integriert, gehen ihrem Beruf als Radioredaktor, Sekretärin oder Chirurg nach und führen somit ein Doppelleben. Vom Rebellentum und der Gesellschaftsopposition, die dem Bild des Junkies in der Öffentlichkeit anhaften, ist nicht viel zu spüren; häufig sind es Menschen, die sich nicht absichtlich von der Gesellschaft distanzieren, sondern einzig durch den Gebrauch einer Droge, die nicht wie zum Beispiel Alkohol legal erhältlich ist, ins Abseits geraten sind. Keine Aussteigerinnen aus der Konsumgesellschaft also, sondern Menschen, die - wie es eine Exfixerin auf den Punkt bringt - „Konsum in Reinkultur“ betreiben.
Klatschmohn ist ein Film, der unvoreingenommen an das brisante Thema der Drogensucht herangeht, nicht (ver)urteilt, nicht nach Schuldigen und Opfern, Verführern und Verführten fragt; ein Film, der allein den Ist- Zustand zeigt, auf eine Weise, die vom Moralisieren ebenso weit entfernt ist wie vom Glorifizieren.