Warum es statt etwas nicht einfach nichts gebe, so lautet - lapidar - der erste Kommentarsatz von Matthias von Guntens essayistischer Studie über den sogenannten Urknall und die Urknallforschung. Der Autor, der schon 1988 mit Reisen ins Landesinnere einen nicht nur für Schweizer Verhältnisse höchst ungewohnten, fast schon provokativ originellen Dokumentarfilm drehte, hat sich diesmal noch weiter in unwegsames Gebiet hinaus gewagt.
Bekanntlich läßt sich die Entstehung des Universums nicht einmal richtig simulieren oder nur bloß denken. Sofern es sie in dem Sinn, wie wir das so unzulänglich zu imaginieren versuchen, überhaupt je gegeben hat, stellt sie derzeit kaum mehr dar als ein mathematisches Modell, eine Abstraktion der Abstraktionen, der man sich bloß nähern kann, ohne jede Aussicht, das Geheimnis jemals restlos zu ergründen.
Und ausgerechnet darüber macht von Gunten jetzt einen Film? Nicht nur, daß er damit das Unerhörte überhaupt angegangen ist, er tut es auch noch auf eine alles andere als lehrhafte, nämlich humorvolle und poetische Weise, wo doch das Thema nach einer didaktischen Abhandlung geradezu brüllt. Die befragten Forscher am CERN in Genf oder bei ihrer Arbeit an Teleskopen in Chile und in den USA erscheinen als Kapazitäten sehr eigentümlicher Art. Jeder von ihnen hat etwas Kindliches an sich, aber auch etwas von einem Poeten, einem Philosophen und einem Priester. Mit der Frage, wozu denn das Ganze gut sein könne, gehen sie ziemlich blauäugig um. Wozu denn überhaupt etwas? scheinen sie mit einem gewissen Recht zurückfragen zu wollen.
Big Bang entspricht seinem Thema vollauf. Es ist ein nutzloser, vielleicht sogar sinnloser Film, der aber keinesfalls ungemacht bleiben durfte. Fragen und Antworten werden aufgefächert und einander, fern jeder sogenannten These, in Varianten zugespielt.
Es läßt sich ganz gut ohne die mindeste Vorstellung von Urknall oder entsprechender Forschung leben, also auch ohne diesen Film. Aber die Menschheit wäre ohne die, die’s trotzdem wissen wollen, ärmer, also auch ohne die von Guntens, die darüber berichten.