Zumindest in bezug auf die sie umgebende Natur könnten es Armand und Rose auch im paradiesischen Garten Eden nicht schöner haben. Ihr Haus liegt inmitten eines idyllischen Parks. Aber Parkwärter Armand und Ehe- und Hausfrau Rose liegen sich immer wieder latent in den Haaren. Er ist trotzig, bärbeißig und unzufrieden, sie umhüllt ihn mit mütterlicher Sorge, die ihm nicht viel Handlungsspielraum läßt.
Das Werk der Westschweizer Regisseurin Juliette Frey ist trotz seiner Kürze erzählerisch als Spielfilm aufgebaut. In die Rahmenhandlung der Beziehungskrise des älteren Ehepaars sind panoptikumartig Variationen der Liebe eingestreut. Während Armand seiner Arbeit im Park nachgeht, wird die Trennung eines ebenfalls älteren Paars mitverfolgt: Die Frau verläßt ihren Mann und bricht zu ihrem neuen Freund auf. Ein kleiner Junge schenkt seiner Freundin eine Pfauenfeder, die sie freudig entgegennimmt und unbeschwert liegen läßt, als sie sich ohne ihn zu neuen Taten aufmacht.
Am Mittagstisch haben Rose und Armand eine Auseinandersetzung, während der sie ihm Undankbarkeit vorhält, worauf er wutentbrannt den Tisch verläßt. Als eine junge Mutter an der Türe klingelt und um das Wärmen des Babyschoppens bittet, verliert Armand vollends die Fassung. Szene für Szene verdichten sich die parallel angelegten Handlungsstränge bis zum dramaturgischen Höhepunkt, als Armand es wagt, seiner Frau den lange verschwiegenen
Grund seines launischen Verhaltens zu gestehen: der Schmerz über das früh verstorbene einzige Kind.
Die Stärke des Kurzspielfilms liegt in der gekonnt aufgebauten Dramatik, die Auflösung der Spannung allerdings fällt etwas gar kurz aus: Rose kann dem Kummer ihres Mannes nichts anderes entgegenhalten als die Kalenderweisheit, vielleicht habe selbst dieser Schicksalsschlag einen verborgenen Sinn.
Der Schluß des in satten Farben gedrehten 35-mm-Kurzspielfilms ist zyklisch und versöhnlich-offen angelegt. Wieder ist es Morgen geworden, Rose wacht auf, aber im Gegensatz zur Anfangssequenz steht sie nicht auf, um der täglichen Pflicht nachzukommen, sondern bleibt hegen und betrachtet leise lächelnd ihren Ehemann, der am Fenster sitzt und in den Morgen hinaus sinniert.