Auf einer ersten Ebene ist immer & ewig ein Liebesfilm. Claude, ein „Autonomer“, und Dodo, eine Friseuse, sterben durch eine Polizeikugel. Als Tote wandeln sie, unsichtbar, unter den Lebenden. Sie verlieben sich ineinander, doch, körperlos, können sie sich nur sehen, nicht fühlen. Da erlaubt ihnen „der Himmel“ in ihren Körper und in ihr Leben zurückzukehren, um 12 Stunden lang zu beweisen, daß sie sich ausschließlich und wahrhaftig lieben. Gelingt dies nicht, wird der Tod endgültig sein.
Mit diesem „roten Faden“ nimmt Samir ein mythologisch und literarisch vielfältig vorgeprägtes Thema auf, um es mit Erfahrungen und Vorstellungen aus seiner persönlichen Lebenswelt, der „Szene“ in Zürich, anzureichern. Claude lebt in einer WG, deren Mitglieder eine militante Aktion auf eine Stromzentrale planen und dann auch durchzuführen versuchen. Als thematische Folie und Kontrast weist ein Plakat in der WG auf den politischen Kampf im Spanischen Bürgerkrieg, und in einer Episode erscheint denn auch eine tote Kämpferin aus dieser Zeit in den chaotischen Räumen dieser typischen Vertreterinnen der 80er-Szene. Claude lebt in Wille und Vorstellung, redet viel, begreift aber nur wenig. Dodo lebt die Normalität, scheinbar anspruchslos, und wirkt provokativ und korrigierend durch ihre Selbstverständlichkeit, durch ihre Fähigkeit, den konkreten Alltag als Erfahrungszusammenhang auf sich zu beziehen.
Auf diesem Hintergrund berührt die Handlung mehrere polarisierende Spannungsfelder, die nach gängiger Vorstellung das Leben halt so ausmachen: „Zweierkiste“ und Gruppenleben, persönliche Bedürfnisse und kollektive Solidarität, Privatleben und politisches Engagement, politischer Aktionismus und individuelles Selbstverstehen, reden und handeln, Liebe und Verrat, Leben und Tod. Natürlich sind das „Fragen“, die uns alle angehen, uns beschäftigen, und Samir gelingt es, sie auf teils ironische Art und teilweise durchaus ernsthaft ins Bild zu bringen. Doch entlarvt sich das Ganze letztlich als leichtflüssiger Cocktail von Anspielungen, Hinweisen, Zitaten und Sentimentalitäten, dessen Grundgeschmack geprägt ist vom mehr oder weniger bewußten Traum eines versöhnten Lebens. Damit oszilliert der Film zwischen einer vordergründigen Zeitgemäßheit und einer Befangenheit in Illusionen, die als solche nicht effektiv durchschaut werden. Das macht vieles in diesem Film obsolet. Vielleicht kann er ein Zielpublikum ansprechen: die Menschen, die im Film durch die Hauptfiguren vertreten sind. Für mich jedoch kam das Ganze nicht über ein kurz wirksames Amüsement hinaus: eine Feststellung, die nicht mit der Arroganz des „Altklugen“ getroffen wird, sondern die sich an der thematischen Durcharbeitung mißt, die der Film exponiert.
Den „inhaltlichen“ Dimensionen des Films entspricht die formale und (Video-)mediale Experimentierfreudigkeit Samirs. Mit verschiedenen „Tricks“ - blue box-Effekten, Bildmontagen, Einblendungen, optischen „Sprechblasen“ etc. - entwickelt er auf anschauliche Weise die Vielschichtigkeit der Handlungsebenen, die Überlagerung von „Realität“ und Fiktion, der unterschiedlichen Zeitebenen, der „Innen-„ und „Außenräumen“. Ob spielerisch trickig oder tiefergreifend in der Anwendung der medialen Mittel: auf diesem Gebiet wirkt Samir innovativ, und er steht damit heute noch recht einsam da in der Schweizer Filmlandschaft.