Seit Jahren beschäftigt der „Fall Zwahlen“ die Öffentlichkeit. Hat Bruno Zwahlen seine Frau umgebracht oder nicht? Ein Journalist der Weltwoche hat sich in zwei Büchern für Zwahlens Unschuld engagiert und eine Bewegung ausgelöst, die zur Wiederaufnahme des Prozesses und zur Freilassung des bereits Verurteilten geführt hat. Gigers Film zeigt nun weniger den Fall Zwahlen, als die Geschichte der Geschworenen Vreni Sala, die sich nach dem Prozeß sehr engagiert für die Unschuld des jungen Mannes eingesetzt hat. Es entsteht das Porträt einer Berner Hausfrau knapp über vierzig, die merkt, wie einsam sie plötzlich wird, wenn sie für eine Weile die Spielregeln eines geordneten Lebens nicht beachtet. Sie realisiert die Zwänge, in denen sie, ihr Mann und ihre Kinder leben. Ihr Alleinsein am Schluß des Filmes bedeutet eine bittere Freiheit.
Giger will sich bewußt nicht mit dem Prozeß beschäftigen, der Frage von Schuld und Unschuld. Er möchte zeigen, wie schnell unser eingespielter Alltag durch ein Ereignis von außen durcheinandergebracht wird. Die Hauptdarstellerin Silvia Jost trägt den Film, wobei man ihr einige dramatischere Szenen gewünscht hätte, die die Konflikte des dargestellten Lebens deutlich machten. Gigers Film krankt an einer emotionalen Oberflächlichkeit: Statt Gefühle werden kleine Geschichten des Alltags gezeigt, die den Film in die Nähe von Familienserien rücken, ohne daß er aber je peinlich wäre. Gute Musik von „Züri West“.