HEINI ALPER

NOCH EIN WUNSCH (THOMAS KOERFER)

SELECTION CINEMA

Martin Wettstein, in die mittleren Jahre gekommener Rechtsanwalt, realisiert am eigenen Geburtstagsfest unversehens seine Lebens- und Ehekrise. Überstürzt flieht er nach Paris, wo er die Schweizer Studentin Anne kennenlernt und sich verliebt. Noch verwirrter als zuvor kehrt der Arme nach Hause zurück. Er leidet an offenkundig psychosomatischen Symptomen und wird deshalb von einem Freund und Arzt nach Lausanne zu einem Spezialisten geschickt. Dort trifft er (aus purem Zufall) Anne wieder, die ihn jedoch nach zwei Liebeserlebnissen verlässt.

Martin beginnt jetzt sichtlich auszuflippen, sein irritierter Zustand bestimmt zunehmend seinen Alltag, das Verhältnis zu seiner Frau Brigitte und zum Sohn. Anne lässt ihn in keiner Hinsicht mehr los: Nicht nur kreisen seine Gedanken - bildhaft gemacht durch Schwarzweiss-Sequenzen — dauernd um sie; auf Arbeitssuche kommt sie (der nächste Zufall) auch mit Brigitte in Verbindung, und bei einer Demo lernt sie (noch ein Zufall) den Sohn näher kennen — für Martin wahrlich Grund genug zu gesteigerter Eifersucht.

Später muss Anne ins Spital, wo sie - mit Krankheit und Tod konfrontiert - zur Besinnung und inneren Umkehr findet. Während der anschliessenden Erholung im elterlichen Ferienhaus lädt sie Martin ein, sie zu besuchen. Dass sie dann nicht mit ihm schlafen will, ist ihm eher unbegreiflich. Anlässlich eines gemeinsamen Spaziergangs betrinkt er sich, wird unflätig und zudringlich. Doch dann scheint er langsam zu begreifen - aber wieso eigentlich? Wie auch immer, die Abschiedsszene, Martins heitere Heimfahrt und - mit überdeutlicher Symbolik - ein knapp verfehlter Baum am Strassenrand signalisieren, dass er letztlich „den Rank gefunden“ hat.

Koerfers Inszenierung der Romanvorlage von Adolf Muschg gerät (wie diese?) gelegentlich etwas langfadig. Aufgefangen wird dies weitgehend - zumindest für Liebhaber solcher Figuren - durch die Leistung von Matthias Habich, der überzeugend den im wahrsten Sinne krisengeschüttelten Mittvierziger gibt.

Heini Alper
geb. 1946, Mitglied der S-8 Gruppe Zürich und Mitarbeiter verschiedener Filmprojekte, arbeitet in der Dokumentation „Wort“ des Schweizer Fernsehens DRS.
(Stand: 2019)
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