UWE KÜNZEL

DAS TRIGON-PROJEKT — EIN FILMVERLEIH DRITTE WELT IN DER SCHWEIZ

ESSAY

Eigentlich eine bekannte Tatsache: Für Filme, die in der sogenannten Dritten Welt entstanden sind, findet sich in den westeuropäischen Metropolen nur ein bescheidenes Publikum. Die grosse Masse der Kinogänger — zumal jene, die nicht das Glück haben, in der Nähe eines Studiokinos zu wohnen — findet sich nie ein, wenn einmal, selten genug, Lichtspiele aus Indien, aus Lateinamerika oder aus Afrika gezeigt werden. Das ist in der Bundesrepublik nicht anders als in Grossbritannien, in den Niederlanden oder in Skandinavien; einzig Frankreich bildet in gewisser Hinsicht eine Ausnahme, weil hier noch enge Kontakte zu den ehemaligen Kolonien bestehen und viele junge afrikanische Regisseure ihr Handwerk an französischen Filmhochschulen erlernt haben.

Dass einige wenige afrikanische Filme sogar den Weg in kommerzielle Pariser Kinos gefunden haben, kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch die Franzosen im Grunde doch lieber amerikanische Grossproduktionen oder einheimische Melodramen sehen als „exotische“ Bilder aus fremden Kulturen. Filme aus der Dritten Welt führen so ein Schattendasein, und das Bemühen mancher engagierter „Kinomacher“, ihr Publikum zumindest hin und wieder mit Produktionen aus anderen Kulturen zu konfrontieren, bleibt Episode und ist häufig genug bloss Pflichtübung, Ausdruck eines (unbewussten?) schlechten Gewissens.

Und die Schweiz? Was hierzulande an Filmen aus den Drittweltländern geboten wird, kann sich auf einen ersten Blick durchaus sehen lassen. Eine ganze Reihe von Institutionen bemüht sich seit Jahren kontinuierlich und durchaus mit Erfolg um ihre Verbreitung: Da sind nicht-kommerzielle Verleiher (etwa Selecta in Fribourg), zahlreiche alternative Spielstellen, die in der Organisation Cinélibre zusammengefasst sind, und es gibt die engagierten Publizisten und Publizistinnen, die stets aufs neue in den ihnen zugänglichen Medien auf den Reichtum einer Kinematographie verweisen, die zunächst fremd erscheinen mag, zugleich aber all das zu bieten hat, was das Publikum sonst auch vor die Leinwand lockt: Spannung, Abenteuer, Konflikte, Dramatik — Kino eben.

Der Ball vor den Füssen

Doch nach wie vor sind es bestenfalls eine Handvoll Filme dieses „Genres“ ‘, die hier laufen: Bei der jährlichen Kino-Statistik fallen sie kaum ins Gewicht, wobei etwa Filme aus Schwarzafrika so gut wie nie in schweizerische Kino gelangen. Ein Defizit, das man nicht bloss aus cineastischen Gründen beklagen muss. Es gibt auch handfeste politische Argumente, die eine aktive Verbreitung von Filmen aus der Dritten Welt zwingend notwendig erscheinen lassen.

Der wesentliche Unterschied zwischen uns als Fremden und Euch als Bekannten liegt darin, dass Ihr uns Fremden seit langem bekannt seid. Dass wir die Waage sind und Ihr das Gewicht. Dass wir Träger sind und Ihr die Bürde. Dass wir prüfen die Schwelle Eurer Eitelkeit. Der wesentliche Unterschied zwischen uns liegt darin, dass wir der Ball sind und Ihr die Füsse. Dass wir Muster sind und Ihr das Beispiel.

Diese Sätze des Kurden Yadi Ahmadi stehen als eine Art Motto über einem Unternehmen, das sich „Filmverleih-Projekt Dritte Welt“ nennt. Bruno Jaeggi und Annelies Ruoss aus Basel und Urs Jaeggi aus Bern, alle drei ausgewiesene Kenner der Materie, haben vor ein paar Monaten beschlossen, die beschriebenen Missstände nicht mehr länger nur zu beklagen. Ihre — eigentlich naheliegende — Überlegung: Es genügt nicht, in den armen Ländern der Erde nur karitativ tätig zu sein und als „Spender“ aus schlechtem Gewissen aufzutreten, sondern diese Nationen haben umgekehrt auch etwas zu bieten, was für ein gegenseitiges Verständnis unverzichtbar scheint: ihre Kultur.

Wie es in einem Papier zur Projektbeschreibung heisst:

Gerade der Film, Kunst und Massenmedium zugleich, kann uns (beispielsweise) Afrika und den afrikanischen Menschen näherbringen. Im Gegensatz zum Buch muss der Film nicht in deutscher Übersetzung vermittelt werden: Der Film ist so zu sehen und zu hören, wie er von Schwarzafrikanern in ihrer Heimat und in ihrer Sprache gemacht worden ist. Die Filme sind da. In der Schweiz wären die nicht-kommerziellen Kinos, die Infrastruktur zur Verbreitung und Betreuung der Kopien da. Es wären Leute da, die diese Filme mit Publikationen begleiten, Diskussionen veranstalten und für eine professionelle Animation sorgen könnten. Erfahrungen (Schulen, Stadtkino Basel, Erwachsenenbildung, Volkshochschule) haben gezeigt, dass auch ein Publikum da wäre, und dass viele Zuschauer neu motiviert und gewonnen werden könnten. Was heute noch fehlt, sind lediglich die finanziellen Mittel, um die Filmkopien zu uns und zu den Zuschauern zu bringen.

Nichts weniger als einen Brückenschlag zwischen Nord und Süd haben die Initiatoren einer Stiftung, die „Trigon-Film“ heissen soll, im Sinn — und dies nicht aus irgendwelchen verqueren idealistischen Vorstellungen heraus, sondern aus der Einsicht, dass wir alle es uns nicht länger leisten können, Informationen über das Leben und Denken von drei Vierteln der Weltbevölkerung schlichtweg zu ignorieren. „Das vorliegende Projekt“, so steht in dem vorliegenden Arbeitspapier weiter zu lesen, „will eine kontinuierliche und repräsentative Vermittlung und Betreuung von Filmen aus der,Dritten Welt’ (ein Begriff übrigens, mit dem niemand so recht glücklich ist, der aber in Ermangelung eines besseren weiterhin benutzt werden soll, U.K.) in der gesamten Schweiz sicherstellen“. Ein Begriff wie „sicherstellen“ mag dabei dem Wörterbuch des Bürokraten entstammen, doch noch diese unglückliche Formulierung verweist auf einen vorhandenen Mangel. Tatsächlich ist es ja der reine — und allzu seltene — Zufall, wenn einmal Werke aus Afrika (und hier scheint der Hauptakzent zumindest der anfänglichen Arbeit von „Trigon“ zu liegen) dem Ghetto der spezialisierten Festivals entrissen werden und im normalen Programm auftauchen. Es soll künftig eine Selbstverständlichkeit sein, dass derlei Filme zu sehen sind — ebenso, wie es längst selbstverständlich ist, dass keine Woche vergeht, in der nicht ein Kung-Fu-Streifen aus Hongkong (auch dies eigentlich ein Drittweltland) in den Kinoanzeigen auftaucht.

Ein neuer Filmverleih also soll entstehen, ein Verleih, der freilich nicht auf materiellen Gewinn zielt, sondern der strikt nicht-kommerziell arbeiten will. Vorerst und als Auftakt der Initiative sind sechs Filme im ersten Jahr und jeweils drei in den folgenden vorgesehen, für die die Aufführungsrechte in der Schweiz erworben werden sollen. Doch damit ist es natürlich noch nicht getan. Vielmehr müssen Kopien von den jeweiligen Werken hergestellt und untertitelt werden; und all jene Arbeit muss geleistet werden, die für die Verbreitung der Filme notwendig ist: Potentiell interessierte Kinos müssen auf das neue Angebot aufmerksam gemacht, Begleitmaterial muss bereitgestellt werden, man muss sich um Lagerung, Vertrieb und Pflege der Kopien kümmern.

„Trigon“ wird aktiv

All dies kostet Geld, doch die Stiftungs-Gründer haben sich bereits Gedanken gemacht, wie man das notwendige Startkapital so gering wie möglich halten könnte. Als Sitz von „Trigon“, so Bruno Jaeggi im Gespräch, böte sich Basel geradezu an: Schliesslich habe hier Cinélibre, der Dachverband aller schweizerischen nichtkommerziellen Spielstellen, seinen Sitz, und zudem gäbe es dort die Studiokino AG Basel, die die Kinos „Atelier“ und „Camera“ betreibt. Das dort angestellte Personal könne in den vorhandenen Räumlichkeiten und mit dem bestehenden technischen Apparat die Betreuung der Kopien sowie deren Versand übernehmen. Die über Jahre hinweg aufgebauten Kontakte von Cinélibre garantierten dem „Trigon“-Projekt von Anfang an ein dichtes Netz möglicher Einsatzorte für die Filme.

Trotzdem ist noch einiges an Mitteln notwendig, um die Verleihaktivitäten starten zu können. Seit Ende August 1986 bemüht sich die dreiköpfige Arbeitsgruppe um Kontakte zu potentiellen Geldgebern. Erste Ansprechpartner waren das Erziehungsdepartement Basel-Stadt, die Basler Christoph-Merian-Stiftung, das Kuratorium für Kulturförderung des Kantons Solothurn, die Entwicklungshilfswerke der Schweiz sowie das Entwicklungspolitische Forum Berlin. Darüberhinaus hat es Gepräche mit Privatleuten gegeben, von denen inzwischen wohl auch schon einige ihre Unterstützung zugesagt haben. Eher zögernd verhält sich derzeit noch die Industrie — doch auch in diesem Bereich sind die „Trigon“-Initiatoren nach wie vor optimistisch.

Kosten des Unternehmens

Das für den Anfang geplante Budget beläuft sich nach einem Kostenvoranschlag vom Februar 1987 auf rund 1,5 Millionen Franken. Auf den ersten Blick eine beträchtliche Summe, bei näherer Prüfung der einzelnen Posten freilich ein Beitrag, der eher bescheiden anmutet. Die konkreten Zahlen für das erste Jahr der Verleihtätigkeit sehen wie folgt aus:

Für den Erwerb von sechs Filmen (Verleihrechte für fünf Jahre, Untertitelung, das Ziehen von 35- und 16-mm-Kopien, Transport und Einfuhrspesen sowie Reisespesen für die Beschaffung der Filme) ist die grösste Summe veranschlagt: Hier rechnet die Arbeitsgruppe mit etwa 130 000 Franken. Ein realistischer Betrag, bei dem die rein technischen Kosten den Löwenanteil ausmachen: Die Abgeltung für die Vorführrechte und das Ziehen der Filmkopien kommt danach allein auf weit über 100000 Franken. Was in dieser Rubrik unter dem Begriff „Beschaffungsspesen“ (was konkret den Besuch von Festivals meint) erscheint, ist mit gerade 8 000 Franken eher eine Marginalie und überhaupt nur als bescheidener Zuschuss zu betrachten, weil die am Projekt Beteiligten ohnehin nach Cannes, Berlin, Nantes oder Ouagadougou fahren.

Mit gerade 13 000 Franken taucht der nicht minder wichtige Bereich der Werbung im Budget auf. Darunter fällt die Herstellung von Plakaten, Fotos und Inseratevorlagen, die Redaktion von Informationsblättern und Dokumentationen sowie eventuelle Reisekosten für Regisseure, die man in die Schweiz einladen will. Diese Summe erscheint fast lächerlich gering, wenn man weiss, mit welchen Kosten kommerzielle Filme häufig lanciert werden. Was „Trigon“ für diesen Bereich vorsieht, würde bei anderen Verleihern allenfalls die Portokasse füllen.

Für den Bereich der Filmausleihe schlagen vor allem Personalkosten zu Buch: Bei (angenommenen) 40 bis 60 Ausleihvorgängen pro Jahr rechnet man für alle dabei anfallenden Arbeiten mit rund 4 000 Franken — auch dies wohl nur deshalb eine realistische Summe, weil man auf die erwähnten vorhandenen Strukturen bei der Studio-Kino AG Basel zurückgreifen will.

Schliesslich der Posten Arbeitsentschädigungen, der mit 12 000 Franken beziffert ist. Bruno Jaeggi sagt, dass hier ganz bewusst keine neuen Arbeitsplätze geschaffen werden sollen (was mit einem solchen Betrag ohnehin nicht möglich wäre). Es ginge bei diesem Posten allein um die notwendige Aufwandsentschädigung für Filmbeschaffung, Kontrolle der Untertitel, Erstellung der Dokumentationen und die Arbeit in der Programmkommission.

Der letzte Punkt sind die unausweichlichen Bürospesen — ein Posten, der sich von selbst versteht, mit 6000 Franken allerdings fast zu gering angesetzt scheint.

Diesen Ausgaben stehen äusserst bescheidene Einnahmen gegenüber: Die erwähnten 40 bis 60 Ausleihvorgänge pro Jahr bringen — legt man ihnen einen Filmmietpreis von 200 Franken zugrunde — gerade 8 000 bis 12 000 Franken ein. Das ganze Projekt begreift sich also von Beginn an als chronisch defizitär — was leider wohl eine realistische Einschätzung ist, auch wenn die möglichen Einnahmen ausgesprochen pessimistisch geschätzt sind. Einen vagen Vorgriff auf das zweite und dritte Jahr der Arbeit enthält der vorläufige Budget-Plan von „Trigon“ ebenfalls: Die Kosten werden sich danach etwa halbieren, doch das liegt vor allem daran, dass später nur noch drei Filme pro Jahr eingeführt werden sollen.

Der Förderverein „Trigon-Film“ strebt ein Stiftungskapital von 1,8 Millionen Franken an. Der damit vorhandene Überhang zum Budget-Plan hätte, so Bruno Jaeggi, den Vorteil, dass der Förderverein aufgrund der so gewonnenen Zinseinnahmen nicht mehr einen Grossteil seiner Arbeit für die Beschaffung weiterer Gelder aufwenden müsse, sondern sich vor allem mit seiner eigentlichen Aufgabe, der Beschaffung und Verbreitung der Filme, beschäftigen könne.

Akzent afrikanisches Kino

Die Kontakte zu den Filmemachern sind längst geknüpft: Aus ganz pragmatischen Gründen wird der Schwerpunkt der Verleihtätigkeit wohl zunächst auf dem afrikanischen Kino liegen, welches hierzulande bisher besonders stiefmütterlich behandelt worden ist. Bruno Jaeggi kennt von zahlreichen Besuchen auf dem schwarzen Kontinent die wichtigsten Regisseure dort, er hat Beziehungen zu den dortigen filmkulturellen Organisationen und ist der Überzeugung, dass solche Vorarbeit schon ausreichen würde, um eine ganze Reihe von Titeln mehr oder minder problemlos in die Schweiz zu bekommen.

Ein weiterer wichtiger Punkt, über den sich die drei Mitglieder des Fördervereins frühzeitig Gedanken machen mussten, ist die Abgrenzung ihres Unterfangens zu Initiativen mit ähnlichen Zielsetzungen. Eine Konkurrenz zu bestehenden Organisationen, die sich um Filme aus der Dritten Welt bemühen, ist nicht beabsichtigt. Man wolle vielmehr die Basis jener Bestrebungen verbreitern, die bislang überwiegend von konfessionellen oder sonstwie weltanschaulich geprägten Institutionen betrieben wurden. In diesem Sinne wolle man strikt neutral bleiben — was unter anderem den Vorteil habe, dass sich mögliche Geldgeber durch Zuwendungen nicht ideologisch festlegen müssten.

Auch über die naheliegende Frage zu einer Zusammenarbeit mit kommerziellen Verleihern und Kinos sowie mit den schweizerischen Fernsehanstalten hat man nachgedacht. Warum soll es etwa nicht möglich sein, einen unter Umständen auch wirtschaftlich interessanten Film an einen finanzkräftigen Verleiher zu vermitteln, der mit seinen vorhandenen (Werbe-)Strukturen ein grösseres Publikum erreichen könnte? „Trigon“ selbst, so der Stand der Überlegungen Mitte Juni 1987, will sich vorerst auf den nicht-kommerziellen Bereich beschränken, alles andere würde die bescheidenen Budget-Vorstellungen unnötig belasten. Eine direkte Zusammenarbeit mit dem Fernsehen ist nicht vorgesehen — doch man hat durchaus die Hoffnung, dass ein erweitertes Filmangebot Inspiration für jene Filmredaktoren sein könnte, die für die TV-Programmation der Spielfilme zuständig sind.

Ein einmaliges Projekt

Der Struktur nach soll „Trigon-Film“ eine Stiftung sein, zu deren Gründung sich der genannte Förderverein gebildet hat, der für einen Jahresbeitrag von 100 Franken (Einzelpersonen) beziehungsweise 250 bis 500 Franken (juristische Personen) weitere Mitglieder aufnimmt. Aus diesem Verein soll ein Programmrat hervorgehen, dessen Mitglieder ausgewiesene Kenner des Kinos der Dritten Welt sind. Diese werden dann (weitgehend ehrenamtlich) die Auswahl der einzuführenden Filme treffen. Die Form der Stiftung garantiert eine weitgehende Offenheit und Transparenz, die jedem Interessierten den Zugang und die Mitarbeit erlauben soll.

Was an dem ganzen Projekt wirklich neu ist, kann wohl nur ermessen, wer sich einigermassen gut in den Verleihstrukturen und im Verleihangebot der Schweiz auskennt. Bisher gibt es nichts direkt Vergleichbares, und auch die Tatsache, dass einige Filme aus der Dritten Welt in der Schweiz bereits verfügbar sind, ist kaum ein Argument gegen das „Unternehmen Trigon“, denn selbst wenn diese im Rahmen etwa einer nationalen Filmwoche zur Aufführung gelangen, sind sie meistens bald wieder vom „Markt“ verschwunden. Zumeist werden sie einzig für einen oder zwei Einsätze eingeführt, um alsbald in ihre Ursprungsländer zurückgesandt zu werden. Um eine kontinuierliche Auswertung und auch Archivierung solcher Filme kümmert sich bislang niemand systematisch. Was übrigens in der Bundesrepublik nicht viel anders ist: So verdienstvoll das Wirken des Bremer CON-Filmverleihs oder der Berliner „Freunde der Deutschen Kinemathek“ sein mag — beim Studium der Programmkataloge dieser Verleiher hat man immer das Gefühl, eine Zufallsauswahl vor sich zu haben.

Mit Kontroversen über die Auswahl der Filme rechnen die Gründer des Fördervereins denn auch nicht. Noch ist nichts festgeschrieben, das ganze Projekt soll weiterhin für Anregungen und Vorschläge offen bleiben. Wichtig ist für Annelies Ruoss, Bruno Jaeggi und Urs Jaeggi, dass sie ihre Arbeit politisch begreifen. Und dies gewiß nicht im Stil von schönen Sonntagsreden, mit denen so gern und folgenlos die Verständigung der Völker untereinander beschworen wird: Ihr Anliegen soll im Gegenteil aktive Friedensarbeit sein, wie sie in den Überlegungen des französischen Philosophen Claude Lefort formuliert ist, die im Anhang der Projektbeschreibung zitiert werden:

Der Friede als absoluter Wert kann tatsächlich nur auf der Idee gegründet werden, dass die Beziehungen zwischen den Menschen Beziehungen zwischen Gleichen sind. Mit anderen Worten heisst das, dass sich dieser Wert nicht von dem der Freiheit trennen läßt. (...) Wir sollten auch erkennen, dass die Arbeit keinesfalls unnütz ist, die im verborgenen geleistet wird, um die Menschen einander näher zu bringen. Sie geschieht dadurch, dass die gegenseitige Kenntnis der Sitten und der Denkweisen vertieft wird. (...) All diese verborgene Arbeit kann auf politischer Ebene entscheidende Auswirkungen in Richtung Frieden haben.

Uwe Künzel
war 1975-79 Mitarbeiter des Kommunalen Kinos Freiburg i.B., seither freie filmjournalistische Tätigkeit, lebt in Freiburg i.B.
(Stand: 2019)
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