ANDREAS BERGER

MARTHA DUBRONSKI (BEAT KUERT)

SELECTION CINEMA

Nach nicht sonderlich aufregenden oder spannenden Beziehungsgeschichten mit viel bedeutungsschwangerer Bildsymbolik, oft rezitierten, codierten Chiffren von Kontaktlosigkeit und schöner, aber ohne viel „Emotion“ geschilderter Leere ist Beat Kuert mit der Verfilmung des Romans Fasnacht von Ingrid Puganigg ein bemerkenswertes Werk gelungen: Nicht wenige Qualitäten von Martha Dubronski gehen zwar unweigerlich auf die literatische Vorlage zurück; Kuert indes hat nicht nur die Stärken des autobiographischen Romas auch auf der Leinwand adäquat zum Ausdruck gebracht, sondern gleichzeitig eine klare und unmissverständliche Filmsprache entworfen, in der Realität und Traum bruchlos ineinander übergehen, in der Gefühle, Aggressionen und Konflikte viel direkter und weniger codiert ablaufen und geschildert werden als in früheren Filmen.

Marthe Dubronski, glaubwürdig und sensibel dargestellt durch die Romanautorin Ingried Puganigg, hat seit ihrer Kindheit ein entstelltes Gesicht. Sie lebt zusammen mit dem um einige Jahre älteren Krüppel Dubronski. Die beiden lieben sich und brauchen einander, was sie aber kaum auszudrücken wagen. Sie laufen des öfteren voneinander weg, gehen kurze, oberflächliche, machmal nur auf das Erotische reduzierte Beziehungen zu Mitmenschen ein. Am Schluss machen sich beide unabhängig voneinander daran, ihre Träume umzusetzen: Dubronski fährt nach Paris („Nur schon der Gedanke daran macht ihm Mut“), Martha „gibt die Suche nach fremder Geborgenheit auf, bricht die falschen Kontakte ab und geht hinaus in die Landschaft“ (aus der Inhaltsangabe Beat Kuerts).

Diese im schönsten Sinne des Wortes verrückte Liebesgeschichte um zwei Menschen, die durch körperliche Gebrechen zu gesellschaft liehen Aussenseitern werden, schildert Kuert in knappen, präzisen und doch zärtlich wirkenden Szenen und Einstellungen, die durch eine funktionale, auf das Wesentliche beschränkende Montage miteinander verbunden sind.

Andreas Berger
Keine Kurzbio vorhanden.
(Stand: 2020)
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