PETER SCHNEIDER

GIRO (HUGO SIGRIST)

SELECTION CINEMA

Giro nimmt jene erheiternde Atmosphäre auf, welche man von E Nacht lang Füürland (Klopfenstein, Legnazzi, 1982) noch in Erinnerung hat. Chrige flüchtet vor dem grüblerisch und zwängerisch räsonnierenden Andy zusammen mit ihrer Freundin Lisa nach Italien, wo sie sich in den tatkräftigen und bedenkenlos agierenden Jungkaufmann Carlo verliebt. Giro macht aus der Feriengeschichte nun kein Drama über Beziehungs- und Problemflucht, sondern benützt die einfache Exposition für eine gelungene, leichte Komödie, für eine kleine, alltägliche Geschichte mit unvermitteltem und offenem Ende. Die Stärke der Berner Filmergruppe liegt zweifellos im leichtfüssigen Entwerfen von auf den ersten Blick identifizierbaren und einsehbaren, den Alltag treffend und ironisierend aufnehmenden Situationen. Mit einem nicht selbstverständlichen Mut zur karikierenden Darstellung werden die Figuren mit wenigen, unverwechselbaren Zügen skizziert. Der befreienden, unterhaltenden Wirkung, die davon ausgeht, läuft allerdings der zuweilen etwas biedere Humor, der alles, was an Ernsthaftigkeit in der Luft läge in der Unverbindlichkeit ertränkt, entgegen. Beharrlich hält Giro den heiteren Ton der Ferienidylle und übergeht andere Klänge als Störungen konsequent.

So findet Lisa, welche ihrer Freundin Chrige auf der Hand liegende Fragen stellt, kaum Gehör. Wäre sie, die gerade dadurch interessant wird, dass sie sich nicht ständig zur Heiterkeit zwingt, ernster genommen worden, hätte Giro eine Aussage dazugewonnen, die in der Erinnerung den schnellebigen Witz überdauerte. So aber bleibt Giro als liebenswürdige Feriengeschichte haften, als eine Komödie, die gut und völlig unnütz und belanglos unterhält.

Peter Schneider
Keine Kurzbio vorhanden.
(Stand: 2020)
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