HANS M. EICHENLAUB

FILMKREIS OLTEN

CH-FENSTER

Ölten: Jurasüdfuss-Industriekleinstadt mit nicht ganz 20 000 Einwohnern; Eisenbahnknotenpunkt; Regionalzentrum mit relativ grossem vorwiegend ländlichem Einzugsgebiet; vom kulturellen Angebot her vergleichsweise durchschnittlich alimentiert; Stadttheater sowie ein aktives Kleintheater; Gymnasium, Lehrerseminar, höhere Verwaltungsschule; von der kulturellen Orientierung her im Schnittpunkt von Zürich-Bern-Basel, kaum eindeutige Präferenzen in die eine oder andere Richtung; typischer Ausspruch einer jungen Oltnerin: «z’Olte isch nüt los!»

Die Kinosituation in Olten dürfte etwas atypisch sein. Es bestehen vier Kinos, bei zwei verschiedenen Besitzern. Auf der einen Seite werden drei Lichtspielhäuser mit deutlich spürbarer Indifferenz dem Medium gegenüber betrieben, auf der anderen Seite fällt jener Besitzer von nur einem Saal durch eine intelligente Programmierung auf. In seinem Haus geniesst auch der Filmkreis Ölten (FKO) für die Vorführungen im 35 mm-Format Gastrecht.

Der Filmkreis Ölten besteht seit 1973. Nachdem zuerst ein halbes Jahr lang, gewissermassen als Versuch, in der Aula der Kantonsschule jeweils an einem Freitag, nach Schulschluss, Filme gezeigt wurden, dehnte man die Tätigkeit aus und spielte dann je am Abend desselben Tages auch im Ausstellungsraum einer Galerie. Bald einmal pendelte sich ein Rhythmus ein: In der einen Woche am Freitag Filme im 16 mm-Format in der Aula und im Galeriekino. In der folgenden Woche am Samstag eine 35 mm-Vorführung im oben erwähnten Kino. Vor rund einem Jahr verlegte man den Freitagabend-Vorführort von der Galerie in das neueröffnete Jugend- und Freizeitzentrum «Färbi». Ebenfalls seit rund einem Jahr finden in der Aula der Kantonsschule keine Vorführungen mehr statt. Als Begründung hört man von Seiten Verantwortlicher des FKO, bei der Lehrerschaft habe das Interesse gefehlt, die angestrebte Zusammenarbeit, auch im programmlichen Bereich, habe nie geklappt.

Der FKO funktioniert auf Club-Basis. Eine Jahresmit-gliedkarte kostet momentan 20 Franken für Erwachsene und 10 Franken für Schüler. Der dafür gebotene Gegenwert besteht aus rund 30 Vorstellungen pro Jahr. In den Ferien werden keine Filme gezeigt. Bei der Progammation wird meist versucht, mit Zyklen — Länder, Regisseure, Themen — zu arbeiten. In jüngerer Zeit werden neben dem jeweiligen Zyklus auch Filme zu aktuellen Themen präsentiert (beispielsweise Lieber Herr Doktor, bei vollem Haus notabene). Auch dem Schweizer Film wird immer der ihm gebührende Platz eingeräumt, dies hauptsächlich mit der Auswahlschau, jeweils kurz nach den Solothurner Filmtagen, darüber hinaus aber auch mit einzelnen Filmen das Jahr durch. Der Besuch der einzelnen Vorstellungen ist naturgemäss sehr unterschiedlich, und von Thema und wohl auch von einigen weniger klar durchschaubaren Aspekten abhängig. Bei Lieber Herr Doktor zum Beispiel drängten über 200 Leute in die «Färbi», anderseits musste eine Reihe von alten Western kürzlich mitten im Jahr abgesagt werden, weil die Eintrittszahlen mehrfach unter zehn rutschten. Ab und zu werden kleinere Monsterveranstaltungen für «Angefressene» durchgeführt, die dann jeweils relativ massig besucht werden, so vor rund einem Jahr bei der Vorführung der integralen Fassung von Syberbergs Winifred-Wagner-Film (als morgens um 01.30 Uhr von anfänglich 30 noch ganze 6 Personen bei Kaffe und Kuchen im Saal waren), und erst vor kurzem, als die 12 Stunden China-Film von Joris Ivens und Marceline Loridan gezeigt wurden, selbstverständlich ergänzt durch einen Bücherstand und ein chinesisches Nachtessen! Solche Aktivitäten, mögen sie auf den ersten Blick durch die niedere Beteiligung für die Organisatoren auch enttäuschend wirken, sind meiner Meinung nach besonders wichtig. Denn hier wird dem Interessierten etwas angeboten, das er sonst höchstens in Bern, Zürich oder Basel findet.

Der FKO finanziert seine Tätigkeit, mindestens bis Ende 1977, jeweils mit Beiträgen des Kantons (einmaliger Zuschuss aus dem Lotteriefonds) und der Stadt Olten, sowie mit den Mitgliederbeiträgen. Ein weiterer Zustupf ergab sich, als der FKO vor einiger Zeit die Trägerschaft der Kulturfilmmatineen in seine eigene Organisation integrieren konnte.

Was die Bezugsquellen der Filme betrifft, stehen die üblichen Verleiher sowie der Filmpool im Vordergrund, auch vom Angebot von Cinélibre wird ab und zu Gebrauch gemacht, ferner werden regelmässig Filme aus den Beständen der Schweizerischen Cinémathèque gezeigt

Hans M. Eichenlaub
Keine Kurzbio vorhanden.
(Stand: 2020)
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