Mit Reigen der Nymphen ist das Bild eines Künstlers gemeint: etwas nackte Frauen, was auf die Betrachter sehr unterschiedliche Wirkungen ausübt. Und Reigen der Nymphen taucht in ein anderes Fossil kleinbürgerlichen Alltags: in den Kunstbetrieb im heutigen (provinziellen) Bulgarien, in eine Mischung aus Business und Banausentum, die der unsrigen so unähnlich nicht zu sein scheint. Jedenfalls nicht, was die Konsumierbarkeit der Kunst, die Ahnungslosigkeit eines Vernissage-Publikums, den Materialismus der Bildhändler, die Phrasen der offiziellen Begutachter und den Marktwert der Kunst als Ware betrifft.
Der Film besteht praktisch nur aus bissigem, anspielungsreichen Dialog — die Hauptfigur, der Künstler, dagegen spricht kaum je einmal. Völlig aufgeschmissen, erfährt er seine Isolation in einer vulgären Gesellschaft, für die ein Bild bloss ein käufliches Konsumationsobjekt bedeutet, mit dem Unterschied nur, dass man dessen Nützlichkeit nicht einsieht. Immerhin: Vor einer modernen Collage können sich die Leute kaum fassen: Denn ob ein Bild gut ist oder schlecht, ist ja egal; Hauptsache ist, dass man's versteht. Und in dieser Collage gibt es tatsächlich dieses verständliche «Reale»: ein echtes Zahnrad! Es ist das Bild des wahren Fortschritts. Nur fällt dann hinter dem Rücken der zufriedenen Zuschauer das offensichtlich schlecht integrierte Zahnrad aus der Collage!
Die Entfremdung des Künstlers ist vielfältig. Der stillere, bittere Schluss vervollständigt dann dieses harte Porträt des Künstlers inmitten einer materialistischen, oberflächlichen Gesellschaft.
Iwan Andonow arbeitet in seinem zweiten Film schnell, sauber, etwas in unpersönlicher TV-Manier, aber mit sicherer Darstellerführung. Grossen Anteil an der korrosiven Wirkung der Satire haben der Szenarist Georgi Mischew sowie der Kameramann Radoslaw Spassow. Mit seinem erstaunlichen Gleichgewicht zwischen Humor und Ernst, Ironie und an Verzweiflung grenzenden Untertönen, entspricht der Film einer Haupttendenz des heutigen bulgarischen Kinos.